Die Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland ist nach Einschätzung der Wohnungslosenhilfe deutlich höher als in Stichtags-Statistiken angegeben.
Berlin – Die Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland ist nach Einschätzung der Wohnungslosenhilfe deutlich höher als in Stichtags-Statistiken angegeben. Mindestens 607.000 Menschen seien im Verlauf des vergangenen Jahres zeitweise wohnungslos gewesen, teilte die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) in ihrer aktuellen Hochrechnung am Dienstag in Berlin mit. Die Zahl habe sich außerdem im Vergleich zum Vorjahr um 58 Prozent deutlich erhöht.
Das Statistische Bundesamt hatte zum Stichtag Ende Januar die Zahl von 372.000 wohnungslosen Menschen ermittelt, die in Unterkünften untergebracht waren. Es gebe aber viele, die verdeckt wohnungslos seien, weil sie vorübergehend bei Bekannten oder Freunden lebten. Hinzu komme die Zahl von geschätzt etwa 50.000 ebenfalls nicht erfassten Menschen, die auf der Straße lebten. Die im öffentlichen Raum sichtbaren Wohnungslosen seien nur die Spitze des Eisbergs, hatte auch die Bundesregierung im vergangenen Jahr bei der Vorstellung ihres Wohnungslosenberichts eingeräumt.
Die Wohnungslosenhilfe geht zum Stichtag Ende Juni dieses Jahr von 447.000 wohnungslosen Menschen aus. Im Vorjahr waren es diesen Schätzungen zufolge zum selben Stichtag 268.000 Menschen, die keine Wohnung hatten.
Einen deutlichen Unterschied sieht die Wohnungslosenhilfe bei der Zahl der deutschen und nicht-deutschen Wohnungslosen zum Stichtag. Nur drei von zehn seien Deutsche, schätzt die Bundesarbeitsgemeinschaft. Während bei den deutschen Wohnungslosen ein Anstieg von etwa fünf Prozent zu verzeichnen gewesen sei, habe sich die Zahl bei den nicht-deutschen Wohnungslosen um 118 Prozent erhöht. Darunter seien vor allem wohnungslose Geflüchtete.
Etwa jede vierte wohnungslose Person sei noch im Kindes- oder Jugendalter. Auch hier gebe es Unterschiede: Bei den deutschen Wohnungslosen sei dies etwa jeder Zehnte, bei den nicht-deutschen jeder Dritte.
Als Gründe für die Wohnungslosigkeit sieht die Arbeitsgemeinschaft bei den deutschen Wohnungslosen vor allem Kündigungen, Miet- und Energieschulden, Konflikte im Wohnumfeld sowie Trennung und Scheidung. Besonders gefährdet seien Alleinerziehende und kinderreiche Paare.