Kirche im Wandel: Ausstellung in St. Ludgerus

Vor der Schließung der denkmalgeschützen St.-Ludgerus-Kirche in Gelsenkirchen-Buer blickt eine historische Ausstellung auf mehr als 100 Jahre zurück.
Kirche im Wandel: Ausstellung in St. Ludgerus

Zuletzt wurde der Innenraum 2o02 zu einer Wegkirche umgestaltet. Die Gemeinde versammelt sich im Gottesdienst um den Altar. –Foto: Zetlitz

Gelsenkirchen – „Kirche im Wandel – wir zeigen unsere Schätze“ heißt eine historische Ausstellung, die für eine Woche in der 1915 eröffneten St.-Ludgerus-Kirche an der Horster Straße zu sehen ist. Sie wird am kommenden Samstag um 16 Uhr eröffnet, wobei die Ausstellungsmacher an diesem Tag auch eine kurze Einführung in die Ausstellung geben werden.

In Fotografien und Exponaten aus mehr als einem Jahrhundert präsentiert die Schau die Geschichte des Gebäudes, aber auch des eng damit verbunden Stadtquartiers Buer-Hugo. Vitrinen zur angemessenen Präsentation hat die Gemeinde vom Ruhr Museum in Essen zur Verfügung gestellt bekommen. Zu sehen ist so etwa der historische Hut des ehemaligen Kirchenschweizers den die Gemeinde in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts hatte. Er steht für das vielfältige Leben innerhalb des Gebäudes.

Die Ausstellung unternimmt aber auch den Versuch einer Rekonstruktion der ehemaligen Ausmalung der Kirche, die in den 1950er- Jahren übertüncht wurde. Hierzu gibt es auch Hintergründe über den heute kaum mehr bekannten Kirchenkünstlers Augustin Kolb, der zu seiner Zeit zu den gefragtesten seiner Zunft zählte.

Vortrag über Kreuzweg der NS-Zeit

„Gleichzeitig machen wir die Kirche auch selbst zum Exponat, indem wir mit Erläuterungen auf die Besonderheiten der historischen Ausstattung hinweisen und damit auch Dinge, die vielleicht sonst leicht als Selbstverständlichkeiten übersehen werden. Diese Kirche ist als sakraler Raum über die Jahrzehnte immer wieder aktualisiert worden und steht damit exemplarisch für Kirche im Wandel. Daher auch der Titel der Ausstellung“, sagt Dr. Boris Spernol. Der Historiker und Journalist, der Chefredakteur des Neuen Ruhrworts ist, hat als Gemeindemitglied die Schau federführend mit erarbeitet.

Zu den Besonderheiten der Kirche gehört auch die Kreuzweg-Darstellung, die 1937 von dem Gelsenkirchener Bildhauer Hans Meier gestaltet wurde und damit zugleich auch für ein dunkles Kapitel der Kirchengeschichte steht: „In seiner Bildsprache ist die Darstellung in Teilen offen antisemitisch. Das muss man sehr klar so benennen und einordnen“, sagt Spernol, der seine Forschungsergebnisse zu dem Kreuzweg in einem Vortrag am Freitag, 24. November 2023, um 19.30 Uhr auch ausführlicher präsentieren wird.

Dabei ordnet er den Kreuzweg in seinen konkreten Ernstehungskontext der NS-Zeit, aber auch in einem Längsschnitt in die allgemeine Kirchen- und Antisemitismusgeschichte ein. „Durch die aktuelle Situation hat das Thema leider noch einmal eine traurige Aktualisierung bekommen. Zur Diskussion über den Umgang mit Antisemitismus gehört auch die historische Dimension“, sagt Spernol.

Bis zum letzten Gottesdienst

Nach der Ausstellung wird auch ein Bildband unter dem Titel „Kirche im Wandel“ erscheinen, der nicht nur die umfangreichen historischen Recherchen, sondern vor allem auch die Kirche in ihrer jetzigen Gestaltung bis hin zum letzten Gottesdienst dokumentieren will. Denn mit dem Verkauf des Gebäudes wird nach den bislang bekannten Plänen auch erheblich in die Innengestaltung des denkmalgeschützten neuromanischen Gebäudes eingegriffen. Der Band wird auch über den Buchhandel erhältlich sein.

Die Ausstellung ist jeden Tag von 16 bis 19 Uhr geöffnet und Teil der Abschiedswoche, die die Gemeinde St- Ludgerus, aus Anlass der Kirchenschließung vom 18. bis 25. November veranstaltet. Deshalb gibt es mit der Ausstellung zusammen jeweils eine Offene Kirche, wobei auch die Möglichkeit, eine Kerze anzuzünden und zu persönlichen Gesprächen bestehen soll. An jedem Abend gibt es um 19 Uhr einen geistlichen Impuls – gestaltet allein von den Ehrenamtlichen der Gemeinde.

Der Sonntag, 26. November, ist dann der Tag des Abschieds mit einer Heiligen Messe um 15 Uhr. Der Gottesdienst zur Schließung der Kirche wird musikalisch gestaltet von der Chorgemeinschaft (Leitung: Walter Ignatowsky). Im Anschluss findet noch eine Begegnung im und am Gemeindezentrum St. Ludgerus statt, das der ehrenamtlich arbeitenden Gemeinde für ihre Arbeit im Quartier erhalten bleiben soll.

rwm