Durch zunehmende finanzielle Ungleichheit ist aus Sicht des Sozialforschers Christoph Butterwegge der soziale Frieden in Deutschland stark gefährdet.
München – Durch zunehmende finanzielle Ungleichheit ist aus Sicht des Sozialforschers Christoph Butterwegge der soziale Frieden in Deutschland stark gefährdet. Armut und soziale Ungleichheit seien „Gift für die Demokratie“, schreibt der Kölner Politikwissenschaftler in einem Gastbeitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ (Montag). Zum einen beteiligten sich Armutsbetroffene weniger an Wahlen, zum anderen verlören Menschen der unteren Mittelschicht allein aus Angst vor Armut und sozialem Abstieg das Vertrauen in das Parteiensystem.
Noch habe der Wohlfahrtsstaat in Deutschland soziale Probleme relativ gut abfedern können, mahnte der Forscher. Allerdings drohten auch Menschen, deren Einkommen eigentlich über der Armutsschwelle liege, vor allem durch steigende Energiepreise zunehmend in eine „eher verborgene Armut“ abzurutschen. Wenn der Sozialstaat hier nicht mehr eingreifen könne, „schwindet auch bei uns der gesellschaftliche Zusammenhalt, nimmt das politische Konfliktpotenzial stark zu und franst das bestehende Parteiensystem aus“, warnte Butterwegge. Das begünstige „den Aufstieg eher ganz rechter, rechtspopulistischer oder rechtsextremer Organisationen“.
Der Bundesregierung und den etablierten Parteien wirft Butterwegge Versagen vor, die Kluft zwischen Arm und Reich schließen zu können. Sie besäßen „trotz Erhöhung des Mindestlohns und Einführung des Bürgergelds kein tragfähiges Konzept, um die Spaltung der Gesellschaft aufzuhalten“.
Als Beispiel nennt er die Diskussionen innerhalb der Ampel-Koalition um die Einführung der Kindergrundsicherung. Bei dem nun vorliegenden Vorschlag blieben „der ursprüngliche Anspruch des familien- und sozialpolitischen Prestigeprojekts der Regierungsparteien unerfüllt, sämtliche geeignete Leistungsarten des Staates zu integrieren und zu vereinheitlichen“, so Butterwegge. Kinder von reicheren Eltern könnten so von Mehrbeträgen profitieren, die ärmeren Familien verwehrt blieben.
„An den extrem ungleichen Lebensverhältnissen der Kinder in unserem Land wird sich durch die Reform daher selbst dann wenig ändern, wenn sie weder den von der Ampelkoalition selbsterzeugten Sparzwängen noch der Unionsmehrheit im Bundesrat zum Opfer fällt“, erklärte der Forscher.