Der deutsch-jüdische Historiker Meron Mendel konnte bei einer Reise nach Israel die Stimmung vor Ort erleben. Im Interview mit dem Deutschlandfunk zieht er Lehren für Israel, aber auch für das deutsche Bildungssystem.
Köln (KNA) Der deutsch-israelische Historiker und Pädagoge Meron Mendel fordert mehr Bildung über den Nahost-Konflikt. Fehlendes Wissen führe zu einer einseitigen Positionierung in diesem komplexen Konflikt, sagte der Leiter der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank dem Deutschlandfunk am Donnerstag. Es sei ein Denkzettel für die ganze Gesellschaft, „dass wir nicht unterscheiden können zwischen der Politik und dem Konflikt dort und den jüdischen Menschen, die hier leben“. Dafür macht Mendel auch die sozialen Medien verantwortlich, in denen Falschinformationen verbreitet würden.
Mit Blick auf die Situation vor Ort berichtete Mendel, der gerade von einer Israelreise zurückgekehrt ist, von der Verbundenheit der israelischen Gesellschaft. Er nehme weniger Konflikte zwischen palästinensischen Israelis und jüdischen Israelis wahr als in den letzten Jahren. Der Wunsch nach einer Lösung des Konflikts eine die Bevölkerung.
Aus den Gesprächen gehe aber auch hervor, dass mit dem Ende des Krieges auch die aktuelle Regierung ein Ende finden müsse. Die Wut auf die Regierung und vor allem auf Premier Benjamin Netanjahu sei immens. „Es bleibt nichts Positives aus dem Lebenswerk von Netanjahu“, sagte Mendel. Er sei korrupt und habe mit der ultra-rechten Regierung die Demokratie in Israel geschwächt. Seit dem 7. Oktober sei auch das Vertrauen in der Bevölkerung abhanden gekommen, dass Netanjahu zumindest für die Sicherheit des Landes sorgen könne.
Mendel kritisiert mit Blick auf den Konflikt, dass international zu kurzfristig gedacht werde. „Keiner zeigt eine klare Vision, wie er langfristig geregelt werden kann.“ Es brauche bald eine politische Lösung nach dem Krieg. Durch den Krieg litten Menschen auf beiden Seiten. „Die Bilder aus Gaza zerreißen mein Herz. Für mich ist ein verletztes oder getötetes Kind im Kibbuz oder in Gaza das gleiche.“