Die katholische Kirche in Polen ist bereit zu Gesprächen mit der neuen Regierung über eine Reform der Finanzierung von Religionsgemeinschaften.
Warschau – Die katholische Kirche in Polen ist bereit zu Gesprächen mit der neuen Regierung über eine Reform der Finanzierung von Religionsgemeinschaften. Der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Weihbischof Artur Mizinski, teilte am Freitag mit, die Kirche sei offen für den Dialog über eine Ersetzung des sogenannten Kirchenfonds durch andere rechtliche und steuerliche Lösungen. Er fügte hinzu, eine Änderung des Finanzierungssystems müsse im Einklang mit dem Konkordat und dem Verfassungsgrundsatz einer „einvernehmlichen Regelung der Beziehungen zwischen dem Staat und den Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften“ erfolgen.
Die neue Mitte-Links-Regierung in Warschau hatte am Mittwoch die Vorbereitung einer Reform angekündigt. Laut Ministerpräsident Donald Tusk sollen Steuerzahler ab 2025 einen bestimmten Teil ihrer Steuern einer Religionsgemeinschaft widmen können. Das sollten jene Menschen freiwillig machen, die ihre Kirche unterstützen wollten. „Ich lege großen Wert auf ehrliche und offene gesellschaftliche Konsultationen, vor allem mit den Kirchen“, so der Regierungschef.
Aus Polens Staatshaushalt floss 2023 eine Rekordsumme von knapp 50 Millionen Euro in den Kirchenfonds. Von dem Fonds profitieren alle anerkannten Konfessionen. Er wurde 1950 als Ausgleich für die damalige Enteignung der Religionsgemeinschaften geschaffen. Aus ihm werden hauptsächlich Beiträge für die Renten-, Invaliden- und Unfallversicherung für Geistliche und Ordensfrauen bezahlt, die über kein eigenes Einkommen verfügen. Zudem wird ein Teil der Instandhaltungskosten für Gotteshäuser erstattet. Betroffen von der Abschaffung des Kirchenfonds wären in erster Linie kontemplative Ordensschwestern und im Ausland tätige Missionare.
In Polen gibt es keine Kirchensteuer. Die Konfessionen finanzieren sich neben dem Fonds vor allem durch Kollekten und Spenden. Tusk nannte den Kirchenfonds ein Symbol, das in der Gesellschaft „viele negative Emotionen“ auslöse. Die Gläubigen und nicht der Staat sollten künftig über die Bezahlung der Religionsgemeinschaften entscheiden, „damit alle es als gerecht empfinden“. Niemand solle für etwas Steuern bezahlen müssen, wofür er kein Geld geben wolle. „Wenn wir die Kirche von der politischen Macht und von öffentlichen Geldern befreien, kann das nur zum Vorteil der Kirche sein“, so der rechtsliberale Politiker.
2013 hatte sich die damalige Regierung von Tusk mit der katholischen Kirche darauf verständigt, den Fonds durch eine freiwillige Kirchenabgabe der Steuerzahler von 0,5 Prozent der Steuerlast nach italienischem Vorbild zu ersetzen. Wegen massiver Kritik an ihrem Plan verzichtete sie aber auf die Reform. Besonders die orthodoxe Kirche hatte damals protestiert, weil sie befürchtete, weniger Geld zu bekommen als bisher aus dem Kirchenfonds.