Experte: Gemischte Bilanz fünf Jahre nach Anti-Missbrauchsgipfel

Fünf Jahre nach dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan zieht der Kinderschutzexperte Hans Zollner für die katholische Kirche eine gemischte Bilanz.

Fünf Jahre nach dem Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan zieht der Kinderschutzexperte Hans Zollner für die katholische Kirche eine gemischte Bilanz. Vielerorts weltweit gingen Verantwortliche „deutlich bewusster und aktiver mit dem Thema um“, sagte er im Interview mit dem Kölner Portal domradio.de (Donnerstag). Von einer durchgehenden Kehrtwende der gesamten Kirche, nach der Betroffene eindeutig in den Mittelpunkt gestellt würden, sei man aber noch weit entfernt.

In vielen Ländern und ebenso in der Kurie gebe es nach wie vor Bischöfe, Ordensobere und Laien, die „einen weiten Bogen um das Thema Missbrauch und Prävention von Missbrauch machen“. Die Gründe dafür sind laut Zollner vielfältig: die Auffassung, das Thema sei vorbei oder das Problem gebe es in ihrer Region nicht; aber auch persönliche Verantwortung für Versagen.

Vielerorts größere Aufmerksamkeit

Gleichzeitig gebe es vielerorts „eine viel größere Aufmerksamkeit und Bereitschaft, zu handeln“. Das zeige sich auch bei den Studierenden aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die an Zollners Institut für Anthropologie ihre Ausbildung in „Safeguarding“ absolvieren.

Vor fünf Jahren hatte Papst Franziskus die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen, viele Ordensobere sowie Kurienleiter zu einem mehrtägigen Treffen in den Vatikan beordert. Dort sollten sie sich zum Thema Missbrauch fortbilden und beraten. Der Psychologe und Jesuit Zollner hatte das Treffen mit vorbereitet.

Nicht mit der nötigen Nachhaltigkeit

Ein Ergebnis des Anti-Missbrauchs-Gipfels war der päpstliche Erlass „Vos estis lux mundi“. Dieser klärt, wie mit Bischöfen und Ordensoberen umzugehen ist, wenn sie selbst Täter geworden sind oder vertuscht haben. Zwar wird laut Zollner auch diese Vorschrift nicht überall konsequent und transparent angewendet worden. Gleichwohl habe der Erlass zum Rücktritt einiger Bischöfe in Polen und USA geführt.

Außerdem habe „Vos estis“ dazu geführt, dass auch Leiter von Männer- und Frauenorden sowie Laien in Führungspositionen kirchlicher Organisationen belangt werden können. „Diese Verantwortungsträger sind sich mittlerweile bewusster, dass sie mit kirchenrechtlichen Sanktionen belegt werden können, wenn sie nicht entsprechend den kirchlichen Normen handeln“, so Zollner. Leider sei die Anwendung solcher Gesetze „nicht mit der nötigen Nachhaltigkeit garantiert“.

kna