Rabbiner sehen Trend zu Gewalt

Ein Messerangriff auf einen jüdischen Mann in Zürich sorgt für Entsetzen. Laut Zeugen rief der jugendliche Täter zuvor „Allahu Akbar“. Europäische Rabbiner sprechen von einem gefährlichen Trend.

Nach dem Messerangriff auf einen orthodoxen Juden in Zürich reagiert die Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) schockiert. Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel gebe es einen „sehr gefährlichen Trend“, die palästinensische Sache als Rechtfertigung für Angriffe auf Juden zu missbrauchen, erklärte CER-Präsident Pinchas Goldschmidt. Die feige Tat in seiner Geburtsstadt Zürich mache ihn auch deshalb traurig, weil der mutmaßliche Angreifer ein Jugendlicher sei, so der frühere Oberrabbiner von Moskau.

„Dieser traurige Vorfall ist ein weiterer Beweis für die wachsende Bedrohung durch den zunehmenden Antisemitismus seit dem Massaker vom 7. Oktober.“ Die Tat sei eine eindringliche Warnung an die Politik und Sicherheitsbehörden in der Schweiz und in ganz Europa, noch entschiedener gegen jene Personen, Gemeinden und Organisationen vorzugehen, „die mit ihren toxischen Narrativen Menschen zu terroristischen Taten“ aufwiegelten.

Am Samstagabend war ein 50-jähriger orthodoxer Jude in der Zürcher Innenstadt mit einem Messer schwer verletzt worden. Schweizer Medienberichten zufolge nahm die Polizei den 15-jährigen mutmaßlichen Täter vor Ort fest. Laut der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Sonntag online) soll es sich um einen Schweizer mit arabischen Wurzeln handeln. Zeugen hätten berichtet, dass er kurz vor der Tat „Allahu Akbar“ (arabisch: „Gott ist am größten“) und „Tod allen Juden“ gerufen habe. Die Polizei ermittle deshalb unter anderem in Richtung eines antisemitischen Motivs. Das Opfer wurde in ein Krankenhaus gebracht. Der Mann soll nicht in akuter Lebensgefahr schweben.

Die Stadtpolizei Zürich verstärkte nach Rücksprache mit jüdischen Organisationen vorsorglich die Sicherheitsvorkehrungen rund um Orte mit jüdischem Bezug. Am Sonntagnachmittag war in Zürich eine Mahnwache geplant.

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) zeigte sich in einer Mitteilung „zutiefst erschüttert, dass ein Gemeindemitglied Opfer einer solchen Attacke wurde“. Körperliche Übergriffe auf jüdische Menschen seien in der Schweiz sehr selten. „Seit dem 7. Oktober musste aber eine deutliche Zunahme solcher physischen Übergriffe registriert werden“, so der SIG mit Blick auf den Terrorangriff der Hamas gegen Israel vor fünf Monaten und den Beginn des Gaza-Kriegs. Der SIG rechne nicht mit einer akuten Gefährdung jüdischer Menschen und Einrichtungen, rufe die Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft aber zu vorsichtigem Verhalten auf.

Antisemitische Vorfälle haben sich in der Schweiz seit Beginn des Gaza-Kriegs gehäuft. Kürzlich veröffentlichte die Westschweizer Fachstelle gegen Antisemitismus und Diffamierung Zahlen, wonach antisemitisch motivierte Vorfälle in der Westschweiz 2023 um 68 Prozent zunahmen. Fast die Hälfte davon ereignete sich nach dem 7. Oktober.

kna