Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat seine Idee für eine soziale Pflichtzeit konkretisiert. Er werbe für eine große Debatte über alle Bürgerdienste.
Berlin – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat seine Idee für eine soziale Pflichtzeit konkretisiert. Er werbe für eine große Debatte über alle Bürgerdienste, sagte Steinmeier am Mittwochabend in Berlin laut vorab verbreitetem Redemanuskript. Dazu gehörten die unterschiedlichen Vorschläge zu Freiwilligendiensten, zur sozialen Pflichtzeit sowie zum Wehrdienst. Auch kombinierte Modelle könnten sinnvoll sein, so Steinmeier.
Steinmeier äußerte sich bei einer Festveranstaltung zum 70. Jubiläum des Diakonischen Jahres und zum 60. Jubiläum des Freiwilligen Sozialen Jahres im Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung in Berlin.
Steinmeier: Gesellschaftliche Gruppen entfremden sich
Er sehe mit Sorge, dass sich Menschen in ihre eigene Lebenswelt zurückzögen und gesellschaftliche Gruppen sich voneinander entfernten und entfremdeten, betonte der Bundespräsident. Auch bedrücke es ihn, dass gesellschaftliche Konflikte schärfer und unversöhnlicher würden, dass Hass und Menschenfeindlichkeit zunähmen und die Fähigkeit zum respektvollen Streit und zum Kompromiss schwinde. Gerade in einer solchen Zeit, in der Freiheit und Vielfalt im Innern und von außen angegriffen würden, brauche es mehr Orte, an denen Vertrauen, Gemeinsinn und Verantwortungsbewusstsein wachsen könnten. Es brauche „mehr engagierte Mitmenschlichkeit, mehr aktive Bürgerinnen und Bürger, die sich für ein gutes Miteinander und für die Demokratie einsetzen“.
Zugleich würdigte Steinmeier die Freiwilligendienste: „Was Sie tun, ist unglaublich wertvoll, und es ist heute vielleicht wichtiger denn je.“ Die Dienste hätten in den vergangenen Jahrzehnten mitgeholfen, den Zusammenhalt in der Gesellschaft und das bürgerschaftliche Engagement zu stärken – „und sie tun es bis heute“.
Schuch will Rechtsanspruch auf Freiwilligendienst
Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, erklärte, es beeindrucke sie, mit welchem Mut und welcher Motivation die Freiwilligen ein Jahr ihres Lebens einsetzten, um sich für Mitmenschlichkeit und Zusammenhalt in der Gesellschaft einzusetzen. Nicht selten ergriffen sie dann einen sozialen Beruf. Auch das sei ein Grund, warum die Freiwilligendienste national und international erhalten bleiben müssten.
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch betonte, seine Vision sei eine langfristig gesicherte Finanzierung der Dienste sowie ein Rechtsanspruch auf einen Freiwilligendienst. Jeder und jede solle die Möglichkeit haben, einen Freiwilligendienst in Voll- oder Teilzeit zu leisten. Gesellschaftliches Engagement werde in den kommenden Jahren immer wichtiger.
Die Trägergruppe der Evangelischen Freiwilligendienste ist nach eigenen Angaben einer der größten zivilgesellschaftlichen Anbieter für das Freiwillige Soziale Jahr, den Bundesfreiwilligendienst und internationale Freiwilligendienste. Sie steht für mehr als 60 Organisationen aus evangelischer Jugendarbeit, Diakonie, Landes- und Freikirchen, die regional, bundesweit und international Freiwilligendienste anbieten.