Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, hat den Kirchengemeinden eine Mitschuld daran gegeben, dass die Aufarbeitung sexueller Gewalt jahrelang verschleppt wurde.
Erfurt – Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, hat den Kirchengemeinden eine Mitschuld daran gegeben, dass die Aufarbeitung sexueller Gewalt jahrelang verschleppt wurde. Beim Katholikentag in Erfurt sagte sie am Donnerstag: „Das lange bleierne Schweigen der Laien – nach dem Motto: das ist nur ein Problem der Bischöfe – hat dieses Thema sehr aufgehalten.“
Matthias Katsch, Sprecher der Betroffenen-Initiative Eckiger Tisch, stimmte zu: „Es ist nicht nur ein Problem der Bischöfe. Es ist ein Problem von allen Gläubigen.“ Vor allem Laien, also Nicht-Priester, seien zum Beispiel 2019 dagegen gewesen, mit Kirchensteuermitteln Opfer zu entschädigen.
Die Theologin Ute Leimgruber wies darauf hin, dass auch viele Erwachsene sexuelle Gewalt in der Kirche erlitten, vor allem Frauen: „Mindestens jede dritte Ordensfrau hat im Orden sexuellen Missbrauch erfahren.“
Der Staat müsse sich stärker in die Aufarbeitung einschalten – darin waren sich die Podiumsteilnehmer in der mit rund 300 Besuchern überfüllten Reglerkirche einig. Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen in der katholischen Kirche (UKA) sei personell unterbesetzt und im „Wettlauf mit der Zeit“, beklagte die Vorsitzende des Gremiums, Margarete Reske.
Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller kritisierte, dass die Betroffenen keine Begründung für die Bescheide der Kommission bekämen. Auch die Bistümer seien oft ratlos, warum manchen Betroffenen viel und anderen wenig Geld zugesprochen werde. „Die Basics unseres Rechtsstaats werden in diesem Verfahren nicht eingehalten“, so Schüller.
Der Bischof von Fulda, Michael Gerber, räumte ein: „Ich sehe deutlichen Nachbesserungsbedarf bei der Frage: Wie kommt es zu einem Antrag?“ Bei höheren Beträgen sei eine Zustimmung der zuständigen Gremien eines Bistums erforderlich.