Durch sein vielfältiges Engagement ist Hermann-Josef Schepers nicht nur in seiner Heimatstadt Oberhausen eine bekannte Persönlichkeit der katholischen Kirche. Am Sonntag wird er 75 Jahre alt.
„Ich hab‘ mir das gleiche Datum wie die Bischöfe ausgesucht“, sagt Hermann-Josef Schepers und lächelt verschmitzt. Mit 75 Jahren müssen katholische Oberhirten dem Papst ihren Rücktritt anbieten. Und auch Schepers hat in diesem Jahr einen Rückzug angetreten und sich nach neun Jahren als Vorsitzender der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) im Bistum Essen nicht erneut zur Wahl gestellt. Am 28. Juli feiert einer der laut Mitteilung des Bistums Essen umtriebigsten Ehrenamtlichen und eines der bekanntesten Gesichter der katholischen Kirche im Ruhrbistum seinen 75. Geburtstag. Aber auch danach dürfte es in Schepers Leben nicht wirklich ruhiger zugehen.
Er ist ein Hansdampf in allen Gassen. Schepers spricht von sich selbst lieber vom „Arbeiter im Weinberg des Herrn“. Eine enge Verbindung zwischen einem bodenständigen Glauben und dem Alltag im Ruhrgebiet treibt ihn an, sich täglich für andere einzusetzen: Sei es bei der KAB, wo sich das solidarische Engagement für die Nächsten mit der politischen Perspektive für gerechte Arbeit verbindet, oder in seiner Pfarrei St. Pankratius in Oberhausen-Osterfeld, sei es im Oberhausener Stadtkatholikenrat, für das Jugendwerk „Die Kurbel“, bei Pilgerreisen, rund um den Kreuzweg auf der Halde Haniel, das Projekt „Sportkirche“, die örtliche CDU und, und, und. Mal ist Schepers der Netzwerker und Strippenzieher, der überall die richtigen Leute kennt, um eine gute Idee in die Tat umzusetzen. Oft genug ist er aber auch der Erste, der mit Hand anlegt und mit dem gelben „KAB-Mobil“-Anhänger Material transportiert.
Infostand bei der Kundgebung gegen den AfD Parteitag von Essen
So wie am letzten Juni-Wochenende: Als sich abzeichnet, dass es gegen den AfD-Bundesparteitag in Essen eine große, von einer breiten gesellschaftlichen Mehrheit getragene Demonstration und Kundgebung geben wird, organisiert die KAB noch kurzfristig einen Platz auf dem „Markt der Möglichkeiten“, Schepers bringt Infostand und die orange-schwarze KAB-Fahne früh morgens dorthin und steht dann ab mittags als Gesprächspartner zur Verfügung. „Das bin ich doch nicht nur alleine“, wehrt Schepers ab, wenn es ihm zu viel um Schepers geht. Und da hat er natürlich recht: Meistens hat er Leute um sich, die sich mit ihm engagieren. Aber oft hat man den Eindruck, dass die anderen Leute nicht oder nicht so zahlreich da wären, wenn Schepers nicht als Motivator und Mitanpacker im Zentrum des Vorhabens stünde.
In Schule und Ausbildung sei ihm das Lernen „nie so leichtgefallen, wie meinem Bruder Ludger“, sagt Schepers. Während Ludger Theologie studierte und heute Weihbischof im Bistum Essen ist und der dritte Schepers-Sohn Martin eine Bank-Lehre begann, kam Hermann-Josef nach Volksschule und Studium auf dem Zweiten Bildungsweg 1972 als Ingenieur zum Oberhausener Anlagenbauer Babcock. „Da war ich erstmal ein Fremdling“, beschreibt Schepers, „Babcock war in Alt-Oberhausen, ich kam aus Osterfeld.“ Dazwischen liegen Kanal und Emscher, im Ruhrpott eine harte Grenze. Dennoch gab es für Schepers eine Verbindung im Werk: „Ich war ja katholisch.“ Da spielte die Herkunft keine entscheidende Rolle mehr. Stattdessen war er bald erster Ansprechpartner, wenn sich der Bischof zum Werksbesuch ankündigte.
Nach der Wende Aufbauarbeit in Magdeburg
Nach der Wende war Schepers in Magdeburg aktiv. Während der Arbeitszeit kümmerte er sich um eine durch Babcock übernommene Fabrik – und in der Freizeit knüpfte er mit Hilfe des Bischofs Kontakte in das Diaspora-Bistum. So konnte er den Prämonstratensern in Duisburg-Hamborn mit Rat und Tat zur Seite stehen, als diese sich Anfang der 1990er Jahre dazu entschieden, an der letzten Wirkungsstätte ihres Ordensgründers Norbert von Xanten in Magdeburg eine Zweigstelle zu eröffnen.
2011 ist Schepers in den Ruhestand gegangen. Seitdem kümmert er sich nun ausschließlich um seine freiwilligen Aktivitäten. „Ich konnte Beruf und Ehrenamt oft gut verbinden“, bilanziert er heute. So musste er für Babcock Mitglied in der Kreishandwerkerschaft werden. Dort knüpfte er Kontakte zu Unternehmen, die ihn bei seinen sozialen Projekten bis heute unterstützen. Überhaupt, das Handwerkliche, das ist Schepers Sache. So oft er auch in Gremien diskutiert und Konzepte schreibt – aktuell zum Beispiel für das Projekt „Christlich Leben. Mittendrin.“, das die gesamte Kirche in Oberhausen neu aufstellen will – richtig zuhause ist er bei dem was mit Händen und Körpereinsatz zu tun hat. Am Liebsten bei Holz.
Missionsarbeit mit Fischen
„Ich bin ein Holz-Sammler“, sagt Schepers. Wer Bretter oder alte Kirchenbänke übrig hat, ist beim ihm richtig. Die bringt er dann in eine Werkstatt der „Kurbel“ oder der Caritas, wo Menschen mit Handicap kleine Holz-Fische herstellen. „Jeder Täufling in unserer Pfarrei bekommt einen solchen Holzfisch“, berichtet Schepers stolz. Dabei habe schon die Arbeit etwas Missionarisches: „Durch diese Fische haben wir die ganze Werkstatt katholisch bekommen.“ Das mag bei der bunten und vielfältigen „Kurbel“-Belegschaft ein wenig übertrieben sein. Schepers geht es aber nicht um Messbesuche, sondern darum: „Die wissen jetzt, wer Jesus ist“. Er wird der Werkstatt-Belegschaft die Geschichte von den ersten christlichen Gemeinden erzählt haben, die den Fisch als Erkennungssymbol genutzt haben, weil sich die Buchstaben des griechischen Wortes für Fisch als ein kurzes christliches Glaubensbekenntnis „Jesus Christus Gottes Sohn Retter“ lesen lassen. In der „Kurbel“ sind die Fische jedenfalls nicht mehr wegzudenken – und längst nicht mehr nur aus Holz: Wer im „Mary & Joe“, dem neuen von der „Kurbel“ betriebenen Café im ökumenischen Kirchenzentrum am Centro, einen Kaffee bestellt, bekommt dazu einen Keks in Fisch-Form gereicht.
Schepers freut sich, dass mit „Mary & Joe“ und dem ökumenischen Seelsorge-Team endlich wieder Leben ins Kirchenzentrum eingezogen ist und trifft sich gerne in dem gemütlichen Café. „Hier ist jetzt ein zentraler Ort der katholischen Kirche in Oberhausen“, sagt er – wohlwissend, dass die vor genau so großen Herausforderungen steht, wie seine KAB. Dem vor über 150 Jahren entstandenen Verband geht es zwar in Oberhausen noch besser als anderenorts. Und doch sieht Schepers auch dort: „Wo die Gebäude wegfallen, gehen die Aktivitäten zurück. Die Älteren fahren nicht in die Nachbargemeinde.“ Er beschreibt dies ohne Verbitterung, eher mit der Nüchternheit des Ingenieurs. Und er weiß, dass Rückgang nur die eine Seite der Medaille beschreibt. „Auf der anderen Seite gibt es neue Vernetzungen und Aufbrüche“, hebt er hervor. In St. Pankratius gebe es nun jeden Mittwoch eine Essensausgabe der Tafel, kombiniert mit einem warmen Mittagstisch. „Da kommen plötzlich ganz neue Ehrenamtliche.“ Und auch die Tafel-Kundschaft komme dort oft erstmals seit Langem wieder mit der Kirche in Kontakt. Klar, dass Schepers mittwochs möglichst mit dabei ist, hilft und mit den Menschen spricht – über Gott und die Welt.
Es ist ein eindrucksvolles Programm, das Hermann-Josef Schepers Woche für Woche vor allem für andere Menschen absolviert. Und im Moment sieht er keinen Grund, zu reduzieren, „so lange der liebe Gott mir Kraft und Gesundheit schenkt“. Nur an seinem Geburtstag, da wird er es ganz ruhig angehen lassen, im Sauerland-Urlaub mit seiner Frau Elisabeth. Mit dem 75. habe das nichts zu tun. „Das machen wir schon seit Jahren so“, sagt Schepers, weil in den Sommerferien ja sonst kaum jemand Zeit habe. Nun, womöglich gibt’s in diesem Jahr doch noch eine Gelegenheit für eine nachträgliche Feier. Wenn der Jubilar denn Zeit hat.