Das Zeitfenster für eine gute Lösung der Frage von Zölibat, Priestermangel und Zukunft der Gemeinden schließt sich nach Meinung des Essener Fundamentaltheologen Hans Waldenfels SJ „langsam“ – höchste Zeit über Tabus in der katholischen Kirche zu sprechen, wie er in einem Gastbeitrag für die unabhängige katholische Wochenzeitung Neues Ruhr-Wort (Ausgabe vom 5. November 2016) schreibt.
Noch gebe es „gar nicht so wenige Männer, die das Zeug zum Gemeindeleiter haben und intellektuell und spirituell nicht weit von den Standards entfernt sind, die für die Priesteramtskandidaten in den Seminaren gelten“, so der frühere Direktor des Fundamentaltheologischen Seminars an der Universität Bonn mit Blick auf geeignete Laien. „Sie ließen sich für diese Aufgabe auch gewinnen“ – für die Generation ihrer Söhne gilt das laut Waldenfels schon nicht mehr. Die Chancen auf eine zeit- und sachgemäße Pastoral schwinden demnach.
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Der Zölibat sei zwar „ein hohes Gut“, so Waldenfels. Doch dabei gehe es bei den diskutierten Fragen nicht. Die aktuelle Debatte über die Ehelosigkeit der Priester, die von Zdk-Präsident Thomas Sternberg neu angefacht worden war, werfe auch mit einzelnen verbandlichen Gegenpositionen – aus Laienkreisen –, ein „merkwürdiges Licht auf die Dialog- und Streitkultur in unserer Kirche“ und wirke auf Außenstehende „erschreckend und abschreckend“. Waldenfels: „Das trägt nicht zur Glaubwürdigkeit der Kirche bei.“ Das Zentralkomitees der deutschen Katholiken (Zdk) hatte jüngst eine Lockerung des Zölibats gefordert: die Abschaffung des Pflichtzölibats. Das Zdk begründete seinen Ansatz einer Freiwilligkeit beim Zölibat mit Mangel an Priestern.
Waldenfels fordert ein Ende der „vielen Machtspiele, die immer noch in der Kirche gespielt werden“. Es sei an der Zeit, Abschied von der Ständekirche zu nehmen, teilt der Theologe die Position des Münchener Ökumenikers Peter Neuner. „Wir brauchen eine Kirche, die in ihrer Fülle zu den Menschen geht“, betont Waldenfels. „Wir brauchen eine Kirche, die den Menschen Heimat bietet.“ Neuner hat in seinem aktuellen Buch ein Plädoyer für eine biblisch begründete und vom Konzil wieder aufgegriffene Volk-Gottes-Theologie vorgelegt.
Kritik übt der Jesuit auch an den immer größer werdenden Pfarrverbänden: Analog zu Kardinal Karl Lehmann betont Waldenfels die Notwendigkeit von „Leibhaftigkeit, Personalität und Präsenz vor Ort“ als essenzielles Merkmal der katholischen Kirche. Vielerorts komme es aufgrund des Priestermangels bereits zu einem Verfall und Verlust des Sakramentalen. Besonders dramatisch ist die Situation auf den Dörfern, so Waldenfels. Hier drohten „Verödung und Repaganisierung“.
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Zur Person
Professor Dr. Hans Waldenfels SJ wurde 1931 in Essen geboren. Er trat nach dem Abitur, 1951, in den Orden der Jesuiten ein. Waldenfels studierte Philosophie, Theologie und Religionsphilosophie in Pullach, Tokyo und Kyoto. Seine Promotion erfolgte in Rom (an der Päpstlichen Universität Gregoriana) und Münster, die Habilitation in Würzburg. Pater Hans Waldenfels war von 1977 bis 1997 Professor für Fundamentaltheologie, Theologie der Religionen und Religionsphilosophie an der Universität Bonn und in dieser Zeit Direktor des Fundamentaltheologischen Seminars. Er hat an zahlreichen nationalen und internationalen Universitäten Gastprofessuren innegehabt und Vorlesungen gehalten. Von 1971 bis 2001 war er zudem Berater der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz. 2010 wurde die Waldenfels-Born-Stiftung gegründet.
Mich irritiert, dass er zwar die Meinung vertritt, dass man über Tabus in der Kirche offen sprechen sollte, dass er aber trotzdem eines der größten Tabus gar nicht anspricht:: Das Priestertum der Frau! Ich denke, dass die beide Themen Ökumene und Frauen und die Art und Weise, wie „Kirche“ damit in Zukunft umgehen wird, die Zukunft ( oder Nicht-Zukunft) der Kirche entscheiden wird.