Im Ruhrgebiet gibt es nach Worten des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck zu wenige Möglichkeiten innovativer Arbeit. Zudem bedürfe es zur Weiterentwicklung der Region einer neuen Infra- und Verkehrsstruktur, sagte er am Freitag in Mülheim an der Ruhr. Wenn sich Start-ups im Revier niederlassen wollten, dürften deren Mitarbeiter nicht wie er immer wieder gezwungen sein, auf der A 40 zu meditieren, weil man nicht vorwärts komme.
Overbeck beklagte, dass junge Menschen im Ruhrgebiet teils in vierter Generation Hartz-IV-Bezieher seien. Dieser „Teufelskreis“ sei zu durchbrechen – insbesondere durch Bildungs- und Familienpolitik. Der Bischof plädierte bei dem Ruhrgebietstag der Caritas NRW zudem für eine kooperative Solidarität, etwa zwischen Schule und Kirche. So könnten Ehrenamtliche aus Gemeinden sich um schulschwache Kinder kümmern. Das seien einfache, aber wirkungsvolle Mittel. Bei der Tagung über Herausforderungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung plädierte der Chef der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU), dafür, mehr Medienkompetenz zu vermitteln. Diese Forderung beziehe sich nicht nur auf Schüler, sondern auch auf Erwachsene, so der Medienstaatssekretär. So sollten Volkshochschulen dazu beitragen, Medienkompetenz in die Fläche zu bringen. Dafür wolle die Landesregierung deutlich mehr Geld ausgeben; konkrete Beträge nannte er nicht.
Zudem verwies der Politiker auf das Vorhaben der Landesregierung, 60 Talentschulen in sozial schwierigen Stadtvierteln zu etablieren. Diese Einrichtungen mit 20 Prozent mehr Lehrern als sonst üblich sollten dabei helfen, Abwärtskarrieren zu durchbrechen. „In der Ruhrregion herrscht echte existenzielle Not“, betonte die Essener Diözesan-Caritasdirektorin Sabine Depew. Die Arbeitslosenquote sei mit 13 Prozent doppelt so hoch wie durchschnittlich in NRW. Wer als Kind und Jugendlicher in der Ruhrregion heranwachse, sei häufig strukturellen Benachteiligungen ausgesetzt. So liege in Gelsenkirchen die Kinderarmutsquote bei 43 Prozent.
Astrid Neese von der Duisburger Agentur für Arbeit führte aus, dass sich auch in der Ruhrgebietsstadt der Arbeitsmarkt weiterentwickele. Allerdings drohe die Digitalisierung, niedrigqualifizierte Jobs etwa im Bereich der Logistik zu ersetzen, so die Vorsitzende der Geschäftsführung. Wo früher personalintensive Inventuren üblich gewesen seien, erfassten heute automatische Schubladen deren Inhalt. Umgekehrt könne ein Pflegeroboter Fachkräfte von schweren Arbeiten entlasten.