Beim Basistag der kfd im Bistum Essen wurde der Wunsch nach einer offiziellen Stellungnahme zur aktuellen Missbrauchsstudie laut. Rund 250 Teilnehmerinnen waren im Mariengymnasium in Werden unter dem Motto „Lass dich verzaubern“ zusammengekommen.
Beim Basistag der kfd im Bistum Essen wurde der Wunsch nach einer offiziellen Stellungnahme zur aktuellen Missbrauchsstudie laut. Rund 250 Teilnehmerinnen waren im Mariengymnasium in Werden unter dem Motto „Lass dich verzaubern“ zusammengekommen. Nach dem Vortrag der Politikwissenschaftlerin Dr. Christiane Florin, Autorin von „Weiberaufstand – Warum Frauen in der katholischen Kirche mehr Macht brauchen“ (2017), zeigte man sich entschlossen, zur Bischofskonferenz in Fulda ein Zeichen zu setzen.
Am 6. November will der Diözesanverband in die Wolfsburg nach Mülheim fahren, wenn sich Bischof Overbeck und Generalvikar Pfeffer zum Missbrauch äußern. Dass sie der stärksten Frauengemeinschaft Deutschlands angehören, schien vielen kfd-Mitgliedern aus dem Diözesanverband beim Basistag in Essen bewusst zu sein. Nach einem geselligen Vormittag mit Wort-Gottes-Feier, kreativen Workshops und anschließendem Mittagessen zeigte sich die politische Seite des Verbandes. 500000 Frauen engagieren sich bundesweit für Rechte und Interessen der Katholikinnen – von Messdienerinnen bis zur Mütterrente, 28000 im Bistum Essen. Die kfd ist Netzwerk und spirituelle Heimat. Oder wie es die Bundesvorsitzende Mechthild Heil formuliert: „Wir geben Frauen eine unüberhörbare Stimme in Kirche und Gesellschaft.“ Seit bald vier Jahren lautet das kfd-Motto „Frauen.Macht.Zukunft.“
„Meine Eltern sangen im Kirchenchor, meine Mutter spielte Theater in der katholischen Frauengemeinschaft, meine Tanten besuchten fast jeden Gottesdienst, jede Marienandacht, und als sie in Rente waren, gingen sie zu jeder Beerdigung. Meiner Oma baumelte immer der Rosenkranz aus der Tasche der Kittelschürze. Die Kirche war für sie Heimat, Zufluchtsort, Maria war eine Art Freundin, die immer zuhörte“, begann Gastrednerin Dr. Florin ihren Vortrag zum Thema „Ich bin es (mir) wert“. Den Frauen kam dieser katholische Werdegang der „Generation Kinder-Küche-Kirche“ bekannt vor. „Ich bin es mir wert – speziell für Frauen hieß es viel zu lange: Diesen Satz darfst du nicht einmal denken. Du musst bescheiden sein, demütig, Opfer bringen, Rechenschaft ablegen“, fuhr die 1968 geborene Autorin fort. Viele Zuhörerinnen stimmten ihr nickend zu. Florin ist derzeit Redakteurin beim Deutschlandfunk im Bereich Religion und Gesellschaft. Ihre Hauptforderung: mehr Macht für Frauen in der Katholischen Kirche. „Die unter dem Kreuz weggelaufen sind, die Jünger, bekommen das Amt. Die unter dem Kreuz ausharrten, das Ehrenamt. Als Dank gibt es ein Lächeln vom Herrn Pastor, vielleicht eine freundliche Erwähnung in der Messe“, betonte die zweifache Mutter.
Als die Zahlen der Missbrauchsstudie öffentlich wurden, sei ihr vieles durch den Kopf geschossen, berichtet Florin weiter. Unter anderem, „dass sich die Kirche jetzt schon wieder selbst als Opfer inszeniert, weil Teile der Studie früher bekannt wurden, als der Bischofskonferenz lieb ist“. Und: „Dass das Leid der Betroffenen nicht zählte, dass sie wie Störer behandelt wurden, dass ihnen eingeredet wurde, sie sollten den Tätern vergeben.“ Aber auch, „dass noch immer kein einziger aufsteht und sagt: Ich bin Täter. Ich bin Vertuscher. Dass so viele die Bischofsmütze tragen wollen, aber niemand persönliche Verantwortung tragen will.“ Für ihre Ausführungen erntete Florin viel Beifall. In der anschließenden Diskussionsrunde wurde der Wunsch geäußert, sich aus Anlass der Missbrauchsstudie einzumischen. Man wolle ein klares Zeichen setzen, dass es so nicht weitergehen kann und Machtstrukturen in der Kirche in Frage stellen und etwas daran ändern. Dr. Florin befürwortet in ihrem Plädoyer für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der Katholischen Kirche auch das Priesterinnenamt.
Der kfd-Bundesverband in Düsseldorf teilte mit, Anfang kommender Woche eine Stellungnahme zur Missbrauchsstudie zu veröffentlichen. Eine Kundgebung in Fulda sei aber nicht geplant. „Im Essener Diözesanverband gibt es Frauen, die mitmachen würden“, sagt Misz. „Wir wünschen uns, dass der Bundesvorstand nun deutlich Stellung nimmt und sich für die Mitglieder mutig in dieser Sache einsetzt.“