Polnische Opfer von Missbrauch in der Kirche haben Papst Franziskus am Mittwoch einen Bericht über die Vertuschung entsprechender Taten in ihrem Land übergeben. Der Papst habe sich sehr betroffen gezeigt und zum Dank dem Sprecher der Gruppe, Marek Lisinski, die Hand geküsst, berichtete dieser später vor Journalisten. „Auf einen solchen Moment habe ich sehr lange warten müssen; der wird mich mein Leben lang begleiten“, sagte Lisinski.
Der Papst sei sichtlich bewegt gewesen, als er ein Foto gesehen habe, das Lisinski als 13-jährigen Jungen zeige. In jener Zeit war er monatelang von einem Priester missbraucht worden. Erstmals darüber sprechen konnte Lisinski als 40-Jähriger. Später gründete er das Netzwerk „Nie lekajcie sie“ (Keine Angst haben). In dem Bericht, den sie dem Papst übergab, dokumentiert die Gruppe nach eigener Aussage Fälle von Missbrauch sowie von Vertuschung.
Lisinski gehört auch zu den Gründern des internationalen Netzwerks „Ending Clergy Abuse“ (ECA), das den vom Papst einberufenen Anti-Missbrauchsgipfel in dieser Woche im Vatikan kritisch begleiten will. Ein von ECA-Vertretern wiederholt gefordertes Treffen mit dem Papst kam bislang nicht zustande.
Das Treffen der polnischen Gruppe von Missbrauchs-Betroffenen am Rande der Generalaudienz war von der polnischen Abgeordneten Joanna Scheuring-Wielgus organisiert worden. Sie twitterte im Anschluss: „Franziskus nahm unseren Bericht über die polnischen Bischöfe entgegen und versprach, ihn vor der Synode zu lesen.“
Die Polnische Bischofskonferenz kündigte in Warschau eine sofortige Antwort auf den Bericht der Gruppe an, sobald man ihn studiert habe. Sprecher Pawel Rytel-Andrianik erklärte, bisher habe das Sekretariat der Bischofskonferenz keinen Bericht über den sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche erhalten. Der Standpunkt der polnischen Bischöfe zum Jugendschutz sei „klar und entschlossen: null Toleranz für die Sünde und das Verbrechen der Pädophilie in der Kirche und der Gesellschaft“.
Von Donnerstag bis Sonntag hat Papst Franziskus ein weltweites Treffen zu Missbrauch und Kinderschutz in der katholischen Kirche einberufen. An der Konferenz in Rom nehmen die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen, einschließlich unierter Ostkirchen, sowie 22 männliche und weibliche Ordensobere teil; außerdem die Leiter von 14 Vatikan-Behörden sowie einzelne Missbrauchsopfer aus allen Erdteilen.
Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, hatte in den vergangenen Wochen Einzelgespräche mit rund 30 Missbrauchsbetroffenen geführt. „Jedes dieser Treffen war mir wichtig. Jedes erweiterte mein Wissen und machte mich noch sensibler für das erfahrene Leid“, sagte er Anfang Februar. Wegen einer Lungenentzündung nimmt er nicht selbst an dem Anti-Missbrauchsgipfel teil. Ihn vertritt der Vize-Konferenzvorsitzende, Krakaus Erzbischof Marek Jedraszewski.