Netzwerk hofft auf Änderungen bei Weiheämtern

Das Netzwerk „Diakonat der Frau“ hofft nach der Aktion „Maria 2.0“ auf Änderungen bei Weiheämtern für Frauen. „Ich erwarte keine schnelle Fortschritte. Doch ich hoffe sehr, dass das geltende Kirchenrecht vom Papst in den Blick genommen wird“, sagte Gabriele Greef vom Netzwerk-Vorstand dem „Neuen RuhrWort“ (Samstag). Durch den Kirchenstreik sei manchen Menschen erst bewusst geworden, „wie viele Verletzungen, wie viel Ärger, wie viel Wut sich bei den Frauen im Lauf der Jahrzehnte angesammelt hat, weil sie mit ihren Begabungen nicht angenommen werden.“

Derzeit nehme sie weniger Aufbruchstimmung wahr, sondern „eher eine große Ungeduld bei den Frauen“, die „fast schon an Verzweiflung grenzt“. Die wohlwollenden Worte von Kirchenvertretern wie dem Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode oder dem Speyrer Bischof Karl-Heinz Wiesemann hätten sie sehr gefreut, so Greef. Demgegenüber sei es schmerzlich, „wenn noch nicht einmal ein bisschen Verständnis gezeigt wird, wie bei den Bischöfen von Aachen, Regensburg oder Dresden/Meißen“.

Die Aktion Maria 2.0 verlangt unter anderem den Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern, eine konsequente Aufklärung der Missbrauchsfälle und eine Sexualmoral, die die Lebenswelt von Menschen berücksichtigt. Die Initiatorinnen hatten Frauen dazu aufgerufen, eine Woche lang keine Kirche zu betreten und ehrenamtliche Dienste ruhen zu lassen.

„Jesus wurde nicht nur Mann“

Nach der erfolgreichen Aktionswoche plant die Initiative „Maria 2.0“ die weiteren Schritte – und das mit Gruppen aus aller Welt

Wie viele Frauen genau sich an der Aktion „Maria 2.0“ beteiligten, weiß niemand so genau – aber sie wisse von 1000 Gruppen mit mehreren zehntausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern, sagte Mit-Initiatorin Lisa Kötter der KNA. Fakt ist auf jeden Fall: die Aktion für Gleichberechtigung und Gleichheit von Frauen und Männern in der Katholischen Kirche ist in diesen Tagen ein zentrales Thema in der Katholischen Kirche von Deutschland. Und sie stößt auch international auf viel Beachtung – von den beiden Amerikas über Europa bis nach Australien. Nun stellen sich die Fragen: Was hat es gebracht und wie geht es weiter?
Sie sei überwältigt von der Resonanz, sagte die Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), Maria Flachsbarth, der KNA. „Maria 2.0“ habe gezeigt, dass die Forderungen nicht nur von „ein paar verrückten Aktivistinnen an der Spitze der Frauenverbände“ getragen würden, sondern „von der breiten Mehrheit der Frauen an der Basis, die das aktive Gemeindeleben vor Ort entscheidend tragen und prägen“.
Kritiker bemängeln nicht nur einen „Missbrauch“ der Gottesmutter Maria, sondern auch, dass die Frauen die Eucharistie bestreikt hätten – und damit die Kirche im Allerheiligs­ten träfen. Und sie werden nicht müde zu betonen, zum Thema Weiheämter für Frauen sei alles gesagt. Dem widersprechen Theologinnen und Theologen, die den Blick erneut darauf lenken, dass auch das kategorische „Nein“ von Papst Johannes Paul II. vor 25 Jahren kein endgültiges und unumstößliches „Nein“ ist.

Große Ungeduld

Vor allem wird deutlich: sehr viele Frauen und auch viele Männer sind nicht mehr bereit, hinzunehmen, dass die Amtskirche auf die Berufungen und Charismen von Frauen verzichtet und ihnen dauerhaft die Weiheämter verwehren will. Sie fordern den umfassenden Wandel der Kirche: in den Ämterstrukturen, beim Thema Teilhabe, in der Sexualmoral und bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs – und künftiger Prävention.
Gabriele Greef vom Vorstand des Netzwerks „Diakonat der Frau“ sagte dem „Neuen Ruhr-Wort“: „Ich erwarte keine schnellen Fortschritte. Doch ich hoffe sehr, dass das geltende Kirchenrecht vom Papst in den Blick genommen wird. Eine Änderung ist möglich.“ Aber es sei immer noch ein weiter Weg.
Durch die Aktion hätten innerhalb der Kirche aber „einige Menschen“ bemerkt, „wie schmerzlich es sein könnte, wenn engagierte Frauen der Kirche fernblieben“. Anderen sei erst durch „Maria 2.0“ bewusst geworden, „wie viele Verletzungen, wie viel Ärger, wie viel Wut sich bei den Frauen im Laufe der Jahrzehnte angesammelt hat, weil sie mit ihren Begabungen nicht angenommen werden“, so Greef. Sie nehme im Zuge der Aktion auch weniger Aufbruchstimmung wahr, als „eher eine große Ungeduld bei den Frauen“, „die fast schon an Verzweiflung grenzt“.
Die Resonanz der Bischöfe fällt sehr unterschiedlich aus und reicht von Unterstützung (Heße, Koch) bis offener Kritik und Distanzierung (Woelki, Genn). Haben die Reaktionen Greef überrascht – positiv oder negativ? „Mich haben die wohlwollenden Worte vieler Bischöfe gefreut“, sagt sie im Gespräch mit dem „Neuen Ruhr-Wort“,  „hier besonders das Verständnis von Bischof Bode aus Osnabrück oder vom Speyrer Bischof Wiesemann.“ Und es habe noch mehr Unterstützung gegeben. Zu den Kritikern sagt Greef:„Ich erwarte nicht, dass die Aktion ,Maria2.0‘ allen Bischöfen und Christen gefällt. Doch wenn noch nicht einmal ein bisschen Verständnis gezeigt wird, wie bei den Bischöfen von  Aachen , Regensburg oder Dresden/Meißen, so ist das schon schmerzlich.“ Sie hoffe sehr, dass die Bischofskonferenz sich den Satz von Paulus aus dem Galaterbrief zu Herzen nehme:„ ,Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Chris­tus Jesus.‘ Und wir sollten nie vergessen, dass Gott in Jesus Mensch wurde“, so Greef, „das schließt Mann und Frau ein. Er wurde nicht nur Mann.“

„Keine Eintagsfliege“

Und wie geht es jetzt weiter? Die Protestwelle sei „keine Eintagsfliege“, erklärte die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Mechthild Heil. Und mahnte gleichzeitig: „Wenn wir nicht bald sichtbare und spürbare Veränderungen haben, läuft die Amtskirche Gefahr, dass die Frauen ihr scharenweise den Rücken kehren.“ Sie setzt – genau wie Flachsbarth und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken – auf den sogenannten „Synodalen Weg“, den die Bischofskonferenz ab Herbst gemeinsam mit katholischen Laien und Verbänden gehen will.
Für die Initiatorinnen aus Münster geht es schon bald weiter, wie Lisa Kötter erklärt. Sie rief bereits am Sonntag zu weiteren Aktionen auf – zur Fortsetzung der Reformdebatten: „Ladet eure Bischöfe in eure Küchen ein. Nicht in ihrer hierarchischen Funktion, sondern als Mitchristen. Und dann reden wir miteinander.“ Zudem sollte es weitere Mahnwachen und Protestaktionen geben.
Konkret planen die Frauen außerdem eine Konferenz mit anderen Gruppen aus aller Welt, die sich für Veränderungen in der Kirche einsetzen. Die mehreren Zehntausend Unterschriften unter ihrem Offenen Brief an den Papst würden sie Franziskus gerne persönlich überreichen.
Kötter hofft auf weitere Mitstreiter beim Kampf für Frauenrechte in der Kirche. Tatsächlich Mitstreiter, denn „ein Drittel der Leute, mit denen wir Kontakt haben, sind Männer“. Einer habe ihr geschrieben: „Sollen wir nicht ,Josef 2.0‘ gründen?“ Lisa Kötters Antwort: „Machen Sie es, bitte!“

rwm