Der emeritierte Tübinger Theologe Peter Hünermann hat die jüngsten Einschätzungen des Augsburger Bischofs Konrad Zdarsa über die Situation der katholischen Kirche kritisiert. In einem am Dienstag veröffentlichten Brief betont Hünermann, Zdarsa solle die Kritik an dem von den Bischöfen geplanten „synodalen Weg“ überdenken. Dieses Konzept habe das Zweite Vatikanische Konzil aufgestellt. Papst Franziskus habe den „synodalen Weg“ vertieft und bekräftigt. Wenn Zdarsa jetzt von „Etikettenschwindel“ spreche, bedeute das einen „grobem Mangel an dem schuldigen Respekt“ gegenüber Franziskus und den deutschen Bischöfen, so Hünermann. Nicht billigen will er auch Zdarsas Einschätzung, die Bischöfe müssten sich „Geschwätzigkeit“ und „undiszipliniertes Reden“ vorhalten lassen.
In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) hatte Zdarsa die Kommunikation der Bischöfe bemängelt: „Ich habe meinen Mitbrüdern mal ein Moratorium für öffentliche Stellungnahmen vorgeschlagen. Und sie gebeten, in ihren Äußerungen wenigstens nur von sich zu sprechen, nicht von ‚wir‘, ‚den Bischöfen‘ oder ‚der Kirche‘.“ Er wolle sich nicht vereinnahmen lassen, weil er zu manchen Dingen eine dezidiert andere Meinung habe. „Dieses undisziplinierte Daherreden ist eines der größten Probleme“, so Zdarsa, der am 7. Juni 75 Jahre alt wird und damit die Altersgrenze für Bischöfe erreicht. Das Bistum rechnet damit, dass der Papst Zdarsas Rücktrittsgesuch bis Anfang Juli annimmt.
Der 90-jährige Hünermann ist Gründungs- und Ehrenpräsident der „Europäischen Gesellschaft für katholische Theologie“. Den früheren Erzbischof von Buenos Aires und heutigen Papst kennt Hünermann seit einem knappen halben Jahrhundert persönlich.