Die frühere Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner hat Erwartungen gedämpft, dass die Pariser Kathedrale Notre-Dame bald wieder hergestellt sei. Von Wiederaufbau könne derzeit noch gar keine Rede sein, sagte Schock-Werner am Mittwoch dem Bayerischen Rundfunk. „Der Architekt hat immer noch Angst, dass gerade jetzt, wenn es so heiß wird, die durchnässten Mauern sich sozusagen einziehen und dass die restlichen Gewölbe einstürzen.“ Wenn die Arbeiter effektiv ans Werk gingen und die Schäden nicht zu groß seien, „könnten wir den Dachstuhl in fünf Jahren wieder draufhaben“, habe der Architekt ihr gegenüber erklärt.
Viel länger würden aber die Restaurierungsarbeiten in der Kirche dauern, zeigte sich die einstige Dombaumeisterin überzeugt. „Das Chorgestühl ist durchnässt und fängt an zu schimmeln, der ganze Innenraum ist verraucht, die Orgel muss auseinandergenommen und gesäubert werden.“ Viel diskutiert werde in Frankreich über die Frage, ob die Kirche wieder einen hölzernen Dachstuhl bekommen solle oder einen modernen Stahldachstuhl.
Schock-Werner koordiniert die deutsche Hilfe für die durch einen Brand im April schwer beschädigte Kathedrale Notre-Dame. Zugesagt worden seien ihr finanzielle Leistungen, zugleich aber gebe es praktische Angebote: „Es geht nicht nur um Geld, es gibt auch konkrete Menschen, Firmen, die sich angeboten haben. Leute, die ein Praktikum machen wollen, Steinmetze, Zimmerleute.“ Allerdings sei es dafür noch zu früh, gab sie zu bedenken.
Mitte Juli hatte das französische Parlament ein Gesetz zum Wiederaufbau in den kommenden fünf Jahren angenommen. Der Text sieht Ausnahmeregelungen von Umwelt- und Denkmalschutzvorgaben für die Renovierung vor. Zudem regelt er, welche Behörde den Wiederaufbau koordiniert und welche Steuerermäßigungen für Spenden gelten.
Die Regierung will für den Wiederaufbau von Notre-Dame einen internationalen Architektenwettbewerb starten. Staatspräsident Emmanuel Macron wünschte sich bereits einen „erfinderischen“ Wiederaufbau, so wie es der Notre-Dame Architekt Eugene Viollet-le-Duc (1814-1879) in seiner Zeit gemacht hätte: „Eine Verbindung von Tradition und Moderne, mit respektvollem Wagemut“, so Macron.