Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bewertet die vom Papst angeordnete Untersuchung im Erzbistum nicht als eine Art Misstrauenserklärung.
Köln – Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki bewertet die vom Papst angeordnete Untersuchung im Erzbistum nicht als eine Art Misstrauenserklärung. Diese Deutung einer Apostolischen Visitation gebe es zwar, aber kein kirchliches Dokument enthalte eine solche Aussage. In einem am Sonntag veröffentlichten „Wort des Bischofs“ fügte Woelki hinzu, diese Aussage finde sich auch nicht in einem Brief der römischen Bischofskongregation an ihn. Darin heiße es vielmehr, dass „man mir persönlich und der mir anvertrauten Kirche in einer Zeit großer Bedrängnis und Prüfung beistehen“ möchte.
In der Botschaft auf dem bistumseigenen Portal domradio.de sagte Woelki weiter: „Der Blick der beiden Visitatoren von außen kann wertvolle Hinweise geben, was bei der Aufarbeitung schiefgelaufen ist und was noch zu tun ist. Es ist eine Chance.“ Unterdessen erklärte der Kirchenrechtler Thomas Schüller in Interviews, die Untersuchung sei ein „klares Misstrauensvotum“.
In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Papst Franziskus am Freitag eine offizielle Überprüfung für das Erzbistum angeordnet. Zwei führende Bischöfe aus Schweden und den Niederlanden sollen sich in der ersten Junihälfte „vor Ort ein umfassendes Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum Köln verschaffen“. Außerdem sollen sie untersuchen, ob Kardinal Woelki, der Hamburger Erzbischof Stefan Heße und die Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff Fehler gemacht haben beim Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs.
Woelki erklärte, er sei froh, dass sich beide Visitatoren vor Ort einen eigenen Eindruck verschaffen könnten. „Das ist aus der Ferne einfach nicht leistbar.“ In der Tat sei durch die Aufarbeitung „viel Unruhe in unserem Bistum entstanden“, sagte der Kardinal. „Ich bin aber der tiefen Überzeugung, dass wir als Christen nicht die Zukunft gewinnen können, wenn wir uns nicht mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Aufarbeitung ist alternativlos.“
Der Erzbischof betonte erneut, wer auch immer sich an das Feld der Aufarbeitung heranmache, trete allen auf die Füße, „auch sich selbst“. Ihm werde, so Woelki, immer mehr bewusst, was die Aufarbeitung von Schuld alles auslöse und wie sie die Perspektive verdrehe: „Wer redet im Moment noch über Täter? Wer über die Betroffenen? Wer über Strukturen und Prozesse, die verändert werden müssen?“ Er fügte hinzu. „Alles, was der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und der Bewältigung der komplexen Situation dient, ist gut.“
Woelki unterstrich, man stehe „noch am Anfang der Aufarbeitung, und schon gibt es Gräben, die scheinbar immer tiefer werden“. Er sprach von einem „Gift der Polarisierung“ und einem „offenen Gegeneinander“, das Christen überwinden müssten. Die Botschaft des Erzbischofs endet mit den Worten: „Ich werbe für einen neuen Geist des christlichen Miteinanders. Auf diesen Weg möchte ich mich zusammen mit allen Menschen im Erzbistum machen.“
Unterdessen begrüßte auch das Kölner Domkapitel die Anordnung der Apostolischen Visitation durch Papst Franziskus. Dompropst Guido Assmann erklärte am Wochenende, das Gremium stehe ebenso wie die einzelnen Kapitulare „den Visitatoren selbstverständlich zum Gespräch zur Verfügung“. Man werde die Untersuchung im Gebet um Einheit und Frieden begleiten. Zum Kölner Metropolitankapitel gehören Priester oder Bischöfe des Erzbistums. Zu ihren Tätigkeit zählt die Seelsorge an der weltbekannten gotischen Kathedrale und die Verwaltung ihrer Güter. Außerdem haben sie das Recht, im Fall einer Vakanz aus einer Dreierliste des Papstes einen neuen Erzbischof zu wählen.