Die Kirche hat Singles nach Einschätzung des Theologen Thomas Weißer zu wenig im Blick.
Bonn – Die Kirche hat Singles nach Einschätzung des Theologen Thomas Weißer zu wenig im Blick. „Die Vorstellung, dass Menschen bewusst oder schicksalhaft allein leben, gibt es in der Kirche eigentlich nicht“, sagte er im Interview des Portals katholisch.de am Freitag. Dabei handele es sich um eine „eigenständige und wachsende gesellschaftliche Gruppe“.
Lehramtlich würden Alleinstehende als „Objekt caritativer Zuwendung“ beschrieben, deren Dasein etwas fehle. Dies werde „der konkreten Lebensführung vieler Singles nicht gerecht“, mahnte Weißer. Zudem heiße es zwar in der Bibel, dass es für den Menschen nicht gut sei, allein zu bleiben. „Doch von Ehe und Familie ist in der Schöpfungsgeschichte nicht die Rede. Im Gegenteil: Gott hat Frau und Mann als komplette Personen geschaffen. Sie sind also auch als Einzelne Menschen mit voller Würde – und nicht erst, wenn sie in einer Partnerschaft leben und Kinder in die Welt setzen.“
Diese Erkenntnis müsse „theologisch und pastoral viel stärker nachvollzogen werden“, forderte der Professor für Theologische Ethik. Hilfreich dafür wäre „eine Sichtweise, die weniger an den äußeren Strukturen der Lebensform hängt und stärker die inneren Kriterien der individuellen Lebensführung wahrnimmt“.
So sei es etwa vielen Singles wichtig, ein stabiles soziales Umfeld aufzubauen, sich mit anderen über ihren Alltag, Sorgen und Freuden auszutauschen. Hierfür könne Kirche einen Ort bieten – und dabei auch umgekehrt etwas lernen, so Weißer: „An einer Gruppe wie den Singles zeigt sich, ob die Kirche die Zeichen der Zeit erkennt und bereit ist, allen Menschen – unabhängig von ihrer Lebensweise – die Frohe Botschaft zu verkünden.“