Nach der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens rechnet die Theologin Doris Reisinger mit einer Wende in der Wahrnehmung des früheren Papstes Benedikt XVI.
Köln (KNA) Nach der Vorstellung des Münchner Missbrauchsgutachtens rechnet die Theologin Doris Reisinger mit einer Wende in der Wahrnehmung des früheren Papstes Benedikt XVI. „Wir wissen jetzt, dass Ratzinger bereit ist, öffentlich zu lügen, um sich seiner Verantwortung zu entledigen“, sagte sie dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitag). Das am Vortag vorgestellte Gutachten bescheinigt dem früheren Papst Benedikt XVI./Joseph Ratzinger Führungsversagen im Umgang mit Missbrauchstätern sowie fehlende Sorge für die Geschädigten in seiner Zeit als Münchner Erzbischof (1977-1982).
Im Umgang der Kirche mit Missbrauch und mit Betroffenen herrsche weiter „die kalte Logik des kirchlichen Strafrechts vor“, kritisierte Reisinger. „Bis heute müssen Betroffene damit rechnen, dass ihnen mit einem grundsätzlichen Misstrauen begegnet wird. Das ist ein Urteil über den Aufarbeitungsprozess, den die Kirche zu unternehmen vorgibt. Das ist mit Blick auf München aber auch ein verheerendes Urteil über Kardinal Reinhard Marx.“
Die 39-Jährige forderte die Übernahme persönlicher Verantwortung: „Die Zeit der Gutachten ist vorbei“, mahnte sie. Überdies sei – neben Wiedergutmachung – ein Systemwechsel nötig, um mit den begünstigenden Faktoren für Missbrauch in der Kirche aufzuräumen. „Das Bittere ist: Ich rechne nicht damit.“ Damit richte sich der Blick auf Politik und Justiz. Von entscheidender Bedeutung sei die Frage: „Werden Politik und Justiz die Samthandschuhe fallen lassen, mit denen sie die Kirche allzu lange angefasst haben?“