Missbrauch: Betroffene in Italien erhöhen Druck auf Kirche

Betroffene von Missbrauch in der katholischen Kirche Italiens haben eine gemeinsame Koordinierungsstelle eingerichtet.
Rom – Betroffene von Missbrauch in der katholischen Kirche Italiens haben eine gemeinsame Koordinierungsstelle eingerichtet. Damit wollten sie Druck auf Kirche und Regierung ausüben, eine unabhängige Untersuchungskommission für Missbrauchsfälle einzurichten, so mehrere Verbände am Dienstag bei der Vorstellung ihrer Kampagne "Gegen das große Schweigen - #ItalyChurchToo".

(Symbolfoto: Peggy Choucair/Pixabay)

Betroffene von Missbrauch in der katholischen Kirche Italiens haben eine gemeinsame Koordinierungsstelle eingerichtet. Damit wollten sie Druck auf Kirche und Regierung ausüben, eine unabhängige Untersuchungskommission für Missbrauchsfälle einzurichten, so mehrere Verbände am Dienstag bei der Vorstellung ihrer Kampagne „Gegen das große Schweigen – #ItalyChurchToo“.

Die Organisationen sprechen von einem „Wendepunkt“, einem „historischen Moment“ und dem „Beginn einer großen Reise“ im Kampf gegen Missbrauch in der Kirche. Dabei geht es nicht nur um Pädophilie, sondern auch um sexuellen Missbrauch von Frauen, insbesondere Ordensschwestern.

Es sei an der Zeit, so die Organisatoren der Kampagne, dass entschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um die Geißel des Missbrauchs in der katholischen Kirche zu untersuchen. „Die Opfer haben ein Recht darauf, ihre Familien haben ein Recht darauf, alle Mitglieder der christlichen Gemeinschaft und alle Bürger haben ein Recht darauf.“ Ziel sei eine unabhängige Untersuchung der Fälle, wie es sie bereits in Deutschland und Frankreich gab.

Das größte Netzwerk Italiens „Rete l’abuso“ arbeitet nun mit acht weiteren Verbänden zusammen. Darunter sind auch kirchliche Organisationen, wie die katholischen Frauenrechtsverbände „Donne per la Chiesa“ (Frauen für die Kirche) und „Voices of Faith“. Außerdem haben sich die italienische Sektion von „Wir sind Kirche“ und eine französische Organisation angeschlossen.

Der nächste große Schritt soll die Veröffentlichung einer Datenbank zu Missbrauchsfällen in der italienischen Kirche sein. In Zusammenarbeit mit der Wochenzeitung „Left“ werde am Freitag eine Website mit vorerst 50 Fällen und 140 Geschädigten freigeschaltet. In allen Fällen sollen genannt werden: soweit bekannt, der Name des Priesters, der verurteilt wurde oder gegen den ermittelt wird, die Art des Vergehens, die Zahl der Opfer, das Jahr, in dem das Vergehen begangen wurde, das Datum, an dem der Fall bekannt wurde, das Bistum des Priesters, und die Sanktionen, die der Geistliche erhalten hat.

Das Archiv soll laufend aktualisiert werden und neben den Missbrauchsfällen durch Interviews, Analysen in Zusammenarbeit mit Fachleuten ergänzt werden, „um in klarer und populärer Sprache zu erklären, was Pädophilie ist, insbesondere in der Kirche, was die Folgen für das Opfer sind, und was zu tun ist, wenn man von einem mutmaßlichen Fall hört“, so Federico Tulli, Redakteur von „Left“.

In Italien seien Einfluss und Ansehen der katholischen Kirche nach wie vor sehr groß, heißt es. Daher solle die Datenbank die Öffentlichkeit auf Missbrauch und Pädophilie aufmerksam machen sowie Druck auf Politiker und Institutionen ausüben, so die Macher der Internetseite.

Der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, und andere Bischöfe erklärten in den vergangenen Wochen, die Kirche denke über eine Untersuchung von Missbrauchsfällen in ihren Reihen nach. Erzbischof Vincenzo Paglia, Vorsitzender der Päpstlichen Akademie für das Leben, sprach sich gegen eine externe Kommission aus; die Kirche könne dies alleine. Eine Entscheidung steht bislang aus.

Von Severina Bartonitschek (KNA)