Overbeck nennt Grave „in aller Ehrfurcht den Kumpel der Kumpel“

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat den vergangenen Samstag verstorbenen und langjährigen Adveniat-Bischof Franz Grave als eines der „wesentlichen Gesichter des Ruhrgebiets“ gewürdigt.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat den vergangenen Samstag verstorbenen und langjährigen Adveniat-Bischof Franz Grave als eines der "wesentlichen Gesichter des Ruhrgebiets" gewürdigt.

–Foto: rwm/YouTube

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat den vergangenen Samstag verstorbenen und langjährigen Adveniat-Bischof Franz Grave als eines der „wesentlichen Gesichter des Ruhrgebiets“ gewürdigt. Grave habe sich stets für die Arbeiter in der Region und für gerechte Arbeitsbedingungen eingesetzt, sagte Overbeck am Samstag bei der etwas mehr als zweistündigen Beisetzungsfeier des emeritierten Weihbischofs des Bistums Essen. Overbeck nannte ihn „in aller Ehrfurcht den Kumpel der Kumpel“.

Die Kirche im Ruhrgebiet war für Grave eine Kirche der Solidarität

Grave war am 19. Februar im Alter von 89 Jahren gestorben. Überregional wurde er durch seine Tätigkeit von 1992 bis 2008 als Vorsitzender der Bischöflichen Kommission für das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat bekannt.

Overbeck zeichnete Graves Lebensweg nach und sprach von dessen Prägung durch einen Katholizismus, der sich in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und mit den Folgen des Krieges zu einer tiefen Lebensüberzeugung geformt habe und ihn zum Priestertum führte. Kirche sei nicht eine entrückte Welt, sondern wahre Kirche sei die Welt Gottes bei den Menschen. Grave habe, so lange er konnte, immer wieder darauf hingewiesen, dass ihn dieser Einsatz aus Überzeugung nicht losgelassen habe.

Overbeck: „Gewisse Unerbittlichkeit und gleichzeitige wache Menschlichkeit“

Der Verstorbene sei „ein Kämpfer“ gewesen. Grave sei bei seiner Arbeit mutig und herausfordernd gewesen, erklärte Overbeck. „Eine gewisse Unerbittlichkeit und gleichzeitige wache Menschlichkeit haben ihn dabei genauso ausgezeichnet, wie eine ihn, um der Liebe Gottes willen zu den Menschen, bestimmende Unruhe, damit nicht aufzuhören.“ Die Kirche im Ruhrgebiet sei für ihn eine Kirche der Solidarität gewesen.

Overbeck verwies auch auf die für Grave wichtige Partnerschaft mit der Kirche in Polen: „Gerade in diesen Tagen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine erleben wir, wie wichtig um der Menschen- und Völkerrechte und um des Friedens willens es ist, dass Europa gemeinsam mit beiden Lungenflügeln des Ostens und des Westens atmet.“

Getragen von der katholischen Soziallehre

Immer ging es Grave darum, vermittelt durch die katholische Soziallehre, die Verwirklichung von Gottes Reich in den konkreten Lebensumständen der Menschen und nicht fern von ihnen zu verwirklichen – mitten in der Welt und nicht lebensfernen Idealen folgend. Christentum bedeute Verantwortung für Menschen zu tragen, öffentlich für Gerechtigkeit einzutreten, so der Bischof. Es gehe nicht darum, Politik zu machen, sondern Politik möglich zu machen, indem ein ethischer Rahmen gespannt werde.

Grave war immer wieder solidarisch. Unvergessen bleibt sein Eintreten für die Arbeiternehmer – im Bergbau und zuletzt auch vor den Toren der Opel-Werke in Bochum. Auch daran erinnere Overbeck. Grave wusste, so der Essener Bischof, dass das Leben sich vor Ort abspiele und nicht nur in der großen Ordnung. „Wir brauchen die Konkretheit vor Ort“, betonte der Bischof. „Vor Ort entscheidet sich, wer wir Menschen sind.“ Ihn habe darum sehr berührt, mit wie viel Energie Franz Grave nach seiner Emeritierung als Weihbischof dann noch in Mülheim „Seelsorger war, um noch einmal zu zeigen, was es bedeutet als Priester zu leben“.

Wegbegleiter und Ehrengäste

Overbeck leitete das Requiem im Essener Dom. Die amtierenden Weihbischöfe Ludger Schepers und Wilhelm Zimmermann sowie der emeritierte Weihbischof Franz Vorrath, und der Mülheimer Stadtdechant Michael Jansen waren die Konzelebranten aus dem Bistum. Das Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat vertraten der amtierende Hauptgeschäftsführer Pater Martin Maier SJ sowie einer seiner Vorgänger, Prälat Bernd Klaschka, ein langjähriger Wegbegleiter Graves.

Neben Angehörigen und privaten Wegbegleitern von Weihbischof Franz Grave hatten sich auch Ehrengäste aus Kirche, Wirtschaft und Gesellschaft zu Requiem und Beisetzung angesagt, die mit Grave durch sein vielfältiges Wirken verbunden waren. Dies waren unter anderen Nikolaus Schneider, der ehemalige Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Weihbischof Dieter Geerlings, Münster, als Vertreter von Bischof Felix Genn.

Essener Domsingknaben übernehmen musikalische Gestaltung

Die Essener Domsingknaben unter der Leitung von Harald Martini zusammen mit Domorganist Sebastian Küchler-Blessing Musikalisch gestaltet das Requiem musikalisch. Sie sangen das Requiem op. 48 von Gabriel Fauré (1845 – 1924) sowie den 130. Psalm, „Aus der Tiefe rufe ich, Herr“ in der Vertonung von Heinrich Kaminski (1886 – 1946). Nach der Beisetzung wird der Ruhrkohle-Chor das „Knappengebet“ und „Gib Frieden, Herr“.

Die Beisetzung auf dem Kapitelsfriedhof im Kreuzgang des Essener Doms leitete dann Dompropst Thomas Zander. Dort hin zogen Priester, Messdiener, die Angehörigen und die Gemeinde in einer Prozession hinter dem Sarg nach der Messe.

Grave wurde in Essen geboren

Grave, der 1932 als Sohn einer Handwerkerfamilie in Essen geboren wurde, empfing 1959 vom damaligen Ruhrbischof Franz Hengsbach (1910-1991) die Priesterweihe. Er wirkte unter anderem als Diözesanpräses für das Kolpingwerk und die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). 1970 übernahm er die Leitung des Seelsorgeamtes im Bischöflichen Generalvikariat. 1988 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof in Essen. Vier Jahre später wählte ihn die Deutsche Bischofskonferenz an die Spitze von Adveniat.

Nach dem Amtsverzicht des damaligen Essener Bischofs Hubert Luthe (1927-2014) leitete er von Mai 2002 bis April 2003 die Diözese als Übergangsverwalter. 2010 wurde er unter anderem für seine Vermittlerrolle zwischen Unternehmen, Gewerkschaften und Parteien sowie den Einsatz für junge Arbeitssuchende mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Auch nach seiner Emeritierung 2008 wirkte er noch als Pfarrei-Seelsorger.