Forscher: Religion und Kirche verlieren auch in USA an Bedeutung

Die Bedeutung von Religion und Kirche hat laut Forschern in den letzten zehn Jahren gerade in einst christlich geprägten Staaten deutlich abgenommen.
Münster – Die Bedeutung von Religion und Kirche hat laut Forschern in den letzten zehn Jahren gerade in einst christlich geprägten Staaten deutlich abgenommen. "Wir beobachten etwa in den USA, Italien und Polen eine rasante Entkirchlichung und in vielen Regionen der Welt einen dramatischen Bedeutungsverlust von Religion", erklärte der Religionssoziologe Detlef Pollack im aktuellen Podcast des Exzellenzclusters "Religion und Politik" an der Universität Münster. Auch die Vereinigten Staaten seien entgegen einer deutschen Sichtweise von "einem religiösen Niedergang betroffen" ähnlich wie Westdeutschland und andere westeuropäische Länder.

Prof. Dr. Detlef Pollack (Foto: Exzellenzcluster „Religion und Politik“/Brigitte Heeke)

ie Bedeutung von Religion und Kirche hat laut Forschern in den letzten zehn Jahren gerade in einst christlich geprägten Staaten deutlich abgenommen. „Wir beobachten etwa in den USA, Italien und Polen eine rasante Entkirchlichung und in vielen Regionen der Welt einen dramatischen Bedeutungsverlust von Religion“, erklärte der Religionssoziologe Detlef Pollack im aktuellen Podcast des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ an der Universität Münster. Auch die Vereinigten Staaten seien entgegen einer deutschen Sichtweise von „einem religiösen Niedergang betroffen“ ähnlich wie Westdeutschland und andere westeuropäische Länder.

In den 1960er-Jahren gehörten 70 Prozent der US-Amerikaner einer protestantischen Denomination an, führte der Soziologe aus. Heute seien es noch zwischen 40 und 45 Prozent. Unter ihnen gebe es durchaus jenen religiösen Wettbewerb, den die Deutschen als typisch für die USA betrachteten – etwa eine „scharfe Abgrenzung von anderen“. Zugleich zeige sich aber auch eine „beachtliche Tendenz“ des Rückgangs von Religion insbesondere dort, wo viele unterschiedliche Glaubensrichtungen zusammenkämen.

Diente Religion in vormodernen Gesellschaften noch als das Dach, unter dem alle Lebensbereiche gedeutet werden konnten, sei sie heute nur noch ein Bereich von vielen. Evangelikale Gruppen in den USA sähen dies allerdings anders, so Pollack. Ihr „Attraktivitätspotenzial“ liege darin, dass sie religiöse Fragen mit nicht-religiösen Interessen verbänden. So entstünde etwa die Vorstellung, dass die Mission der USA, Freiheit und Demokratie in die Welt zu bringen, ein göttlicher Auftrag sei. Einige Menschen bänden sich gerade wegen dieses Zusammenschlusses von Religion und Politik an evangelikale Gruppen – viele andere stießen allerdings genau deshalb die Religion ab.

Wie stark Nationalität mitunter religiös definiert werde, sehe man aktuell auch an Russland. Die Aufladung „des Religiösen mit nationalistischen Vorstellungen“ ziehe Menschen an. Sie verstünden sich dann als orthodox, weil sie hofften, „dadurch gewissermaßen auch das Russentum oder ihre Nationalität stärken zu können“, sagte der Religionssoziologe. Er wage aber die Vorhersage, dass auch in Russland viele Menschen zur Religion auf Abstand gehen werden – wenn sie nämlich sehen, dass der Nationalismus des eigenen Staates vermehrt zu Konflikten führe.