Was wahre Jüngerschaft ausmacht

Sich auf Jesus Christus einlassen, ihm folgen, zu ihm kommen, im Sehen das Geheimnis seiner Gottessohnschaft erkennen, sich dazu bekennen, von ihm Zeugnis ablegen, um andere zu ihm zu führen.

Was wahre Jüngerschaft ausmacht

durchblick(t) . Teilelemente aus Rauminstallationen . [l] Krippeninstallation: ihr Kind kann nicht aus seiner Haut . Liebfrauenkirche Duisburg 2006/2007 [r]. ehemaliges Gefängnis Herne 2008 . Irmhild Sellhorst . 2024

Andreas, der Bruder des Simon Petrus. So wird der Apostel Andreas in den Evangelien immer wieder genannt. Seine Bedeutung scheint vordergründig „Bruder des Simon Petrus zu sein. Tatsächlich begegnet er uns nur so bei den Synoptikern, Matthäus, und Lukas in den Berufungsgeschichten und Apostellisten. So steht Andreas ganz im Schatten seines Bruders Simon Petrus.

Das allerdings ist unberechtigt, wie uns das Johannesevangelium berichtet. Dieses Evangelium erzählt uns nicht nur von Petrus wie die anderen Evangelien. Vielmehr begegnen uns auch der Jünger, den Jesus liebte, den die kirchliche Tradition mit dem Zebedäussohn Johannes identifizierte, Nathanael-Bartholomäus, Philippus, Thomas und eben auch Andreas. 

Ihn erwähnt das vierte Evangelium als ersten Jünger. Andreas hat sich zunächst Johannes, dem Täufer, angeschlossen. Dessen Ruf zur Umkehr trifft ihn offensichtlich. Dabei bleibt er aber ein Suchender. Als Johannes auf Jesus verweist, wird Andreas neugierig und geht Jesus nach. Jesus erkennt sofort, das ist ein Suchender und fragt ihn und seinen Begleiter ganz direkt: Was sucht ihr? Andreas will offensichtlich den Kontakt mit Jesus und fragt zurück: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister —, wo wohnst du? Jesus geht darauf ein: Kommt und seht!

Sehen hat im vierten Evangelium eine ganz besondere Bedeutung. Schon im Prolog heißt es: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. Und in den Abschiedsreden wird Jesus sagen: Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Nach der Kreuzigung heißt es: Der es gesehen hat, hat es bezeugt und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres sagt, damit auch ihr glaubt. 

Sehen nach dem Johannesevangelium heißt: Im vordergründigen Sehen des Jesus von Nazaret das in der menschlichen Gestalt sich verbergende Geheimnis seiner Gottessohnschaft erkennen, glauben und dieses dann auch bezeugen. Kommt und seht ist die Konsequenz der Aufforderung des Johannes: Seht das Lamm Gottes. 

Das kann Andreas nicht für sich behalten, das teilt er sofort seinem Bruder Simon mit und führt ihn zu Jesus.  Es wird nicht das einzige Mal bleiben, dass Andreas Menschen mit Jesus in Berührung bringt: Er begleitet den Jungen mit den fünf Broten und zwei Fischen zu Jesus, der mit diesen Gaben die vielen speist. (Joh 6, 8f). Andreas macht mit Philippus Jesus auf griechische Pilger aufmerksam, die Jesus sehen möchten (Joh 12, 22) 

Ob es sein Bruder, ein Kind oder Fremde sind, über Andreas finden sie den Weg zu Jesus. In Andreas zeigt uns das vierte Evangelium, was wahre Jüngerschaft ausmacht: Sich auf Jesus Christus einlassen, ihm folgen, zu ihm kommen, diesen Jesus von Nazaret wahrnehmen, im wahrsten Sinn des Wortes die Wahrheit erkennen, das heißt im Sehen das Geheimnis seiner Gottessohnschaft erkennen, sich dazu zu bekennen, von ihm Zeugnis abzulegen, um andere zu ihm zu führen. 

Was Jüngerschaft bedeutet, wird an Andreas anschaulich. Wie sein Herr und Meister, wie aber auch sein Bruder Simon Petrus wird Andreas der Überlieferung nach gekreuzigt. Das sogenannte Andreaskreuz ist ein schräg gestelltes Kreuz, ein X, der griechische Buchstabe Chi, der für Christus, den Messias steht, den Andreas als erster der Apostel nach dem Johannesevangelium er- und bekannt hat. Das Bekenntnis zu Jesus Christus steht am Anfang und am Ende seiner konsequenten Nachfolge als Jünger Jesu, in die wir alle als Getaufte berufen sind, denn: Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus – der Gesalbte.

Bernhard Lücking