Seit gut zwei Jahren existiert das Gesprächsformat des Oberhausener Stadtkatholikenrats über Gesellschaft und Kirche.

Auch Weihbischof Ludger Schepers gehörte bereits zu den Gästen im Oberhausener Debattierclub. Er sprach über den Synodalen Weg. Foto: Privat
Oberhausen – Diskussionen über Geflohene, einen Verzicht auf Strafrecht nach Schwangerschaftsabbrüchen sowie über Medienmacht und mehr … Damit zieht der Stadtkatholikenrat Oberhausen beim „Debattierclub“ der Stadtkirche seit 2022 viele Besucherinnen und Besucher an. Initiator der immer kontroversen Gesprächsrunden war im Pandemiejahr 2021 Thomas Gäng mit einem Dreierteam.
Der Katholikenrats-Vorsitzende zieht bis heute Fäden für das neue Format im „Klosterladen“. Das Café ist in Sterkrade ein Ort zum Frühstücken, für Begegnungen sowie für Smalltalks oder Abendsnacks. An vier bis fünf Abenden pro Jahr setzt der Rat der Laienkatholikinnen und Katholiken für die Stadt zwischen Rheinland und Westfalen öffentlich heiße Themen. Gäng will, dass die Diskussionen polarisieren, fair sind und kontrovers und durch Menschen auf den Tisch kommen. „Als Rednerin oder Vortragender soll niemand bei uns bei uns Gast sein.“ Stattdessen wünscht der Moderator des Forums Profilierte, die als Menschen und Fachleute informieren.“
Es geht um Strittiges – verständlich auf den Punkt gebracht.“ Zum ersten „Club“ im Frühjahr 2022 kamen 20 Zuhörende. Aber schon seit dem Sommer desselben Jahres kommen konstant 45 bis 60 Gäste zum Debattierclub in Melanie Plögers Klosterladen. Der ist zum Verweilen und Entspannen auch mit Zeitschriften und Büchern ausgestattet. Der Raum sorgt – etwa durch einen kleinen Wohnzimmer-Schrank – für Atmosphäre. Gäng nutzt sie für das Forum der katholischen Laiinnen und Laien gern. „Zuletzt mussten wir, erstmals an der Ramgestraße, sogar 20 Interessierten nach ihrer Anmeldung absagen.“ Das war im Januar beim Medien-Thema mit WAZ-Lokalchef Peter Szymaniak und einem Funke-Kollegen als Debattier-Partner. Das Café, von der auch kirchlich engagierten Gastronomin Plöger geführt, setzt mit Blick auf Begegnungen und private Gespräche seiner Gäste auf den Raum für höchstens 60 Personen.
Konzept schließt Lücken
Besucher des Debattierclubs kommen aus vielen Gruppen. Da ist der evangelische Pfarrer Ulrich Samse, fast schon ein Stammgast. Dazu interessieren sich Bürger, mittlerweile Vertreter aller Parteien ohne die AfD und dazu christliche Kirchenleute, Muslime und Atheisten für die Abende. Atmosphäre und deutlicher Streit sollen hier kein Widerspruch sein. „Gegner hier in der Sache müssen sich später auf der Straße eben nicht aus dem Weg gehen“, sagt Thomas Gäng.
Dieses Konzept von Streit und fairem Umgang zwischen Gegnern schließt für ihn Lücken in gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, die häufig zu kurzatmig, im Internet vielfach ohne direkte Begegnung und nicht selten auch ohne Rücksicht auf Verletzungen des Gegenübers geführt würden. Öffentlich erlebte er selbst 2021 Verletzungen.
Das geschah im Streit um das von der Ampel angestrebte neue Abtreibungsrecht. „Hier sah ich mich einem Shitstorm ausgesetzt, der wehtat und lähmen könnte“, sagt Gäng. Als klar kommunizierender und konservativ genannter Katholik entschied er sich, weiter für das Lebensrecht Ungeborener in der Gesellschaft zu streiten. Unter anderem mit dem Debattierclub setzte er ein Diskussionsformat. Und probierte Streitkultur bewusst anders aus.
Froh zieht er nach zwei Jahren eine Zwischenbilanz: „Konflikte in Gesellschaft und Kirche bringen wir auch hart in Begegnungen zum Ausdruck. Aber im Dialog und der Atmosphäre eines besonderen Orts.“
Umzug ins Centro-Kirchenzentrum
Diesen Ort muss der Debattierclub aber nach der nächsten Veranstaltung im April zum Bedauern der Organisatoren verlassen. „Melanie Plöger wird im Frühsommer wegen steigender Kosten schließen“, erklärt Thoma Gäng. Sie könnten auch durch das Konzept dieses Hauses nicht mehr aufgefangen werden.
So setzt der Debattierclub in der City auf Gespräche mit der Frau, die den Debattierclub entscheidend trug. Thomas Gäng will mit ihr als Persönlichkeit dann über mitmenschliches Klima, Seelsorge und die Sorgen von Menschen sprechen. „Egal ob Armut, Krankheiten, Zukunftsangst oder Lebensfreude“, erklärt Gäng, „die Sorgen und Anliegen von Menschen waren hier in Begegnungen gut aufgehoben. Im liebevoll gestalteten Café haben solche Gespräche von morgens bis abends einen Raum.“
Der Debattierclub wird danach ins neu eröffnete Centro-Kirchenzentrum umziehen. Nach zwei Jahren mit dem Format sei der Katholikenausschuss zufrieden. „Immer wieder konnten wir erleben, wie Menschen bei allen Konflikten anders als mit Mobbing oder Beleidigungen miteinander umgehen.“ Die Berichterstattung in der Presse über die meisten Abende habe Christen interessierte Aufmerksamkeit in Oberhausen gebracht. Das sei inmitten lauter und unsachlicher Töne gut und zwingend nötig.
uw