Pfingstpredigt von Pater Pirmin Holzschuh.
Beim Wettbewerb um das schönste deutsche Wort Deutschlands hatte Jutta Limbach, die 2004 Präsidentin des Goethe-Instituts war, das Wort Geistesgegenwart vorgeschlagen. Obwohl das Wort Habseligkeiten damals den Sieg errang, gefällt mir Limbachs Vorschlag besser. Von Geistesgegenwart sprechen wir immer dann, wenn im Alltag blitzschnell richtiges Handeln notwendig wird, wenn zum Beispiel jemand im Straßenverkehr in einer sekundenschnellen Reaktion großes Unglück abwenden kann, wenn jemand intuitiv schnell und richtig handelt, ohne groß nachzudenken. Die Geistesgegenwart hilft uns, Richtiges zu tun und Schaden abzuwenden.
Um Geistesgegenwart oder – richtiger gesagt – um die Gegenwart des Heiligen Geistes geht es am Pfingstfest. Diesen dürfen die Menschen, darf die junge Kirche buchstäblich am eigenen Leib erleben. Eine noch kleine Schar mit circa 120 Personen ist beisammen. Sie ist ein wenig verzagt, und die ersten Gläubigen können das Ereignis der Auferstehung noch nicht richtig einordnen und verstehen. Sie fürchten sich, mit dieser Botschaft an die Öffentlichkeit zu treten. Jesus hatte den Jüngern den Geist Gottes angekündigt, er hatte versprochen, dass dieser zu ihnen kommen würde (Joh 14,26), doch die Art und Weise dieses Eintreffens des Heiligen Geistes war ihnen wahrscheinlich unbekannt. „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“. (Apg 2,2)
Kraft und Dynamik sprechen aus den Zeilen dieses Berichtes, und wir können nur erahnen, wie das Ankommen von Gottes Heiligem Geist gewesen sein könnte. Der Beistand, wie der Heilige Geist auch genannt wird, verändert den Menschen. Gottes Beistand verleiht Kraft, vertreibt Menschenfurcht und schenkt Worte, die buchstäblich geistgewirkt sind. Worte, die etwas bewegen und von denen wir doch wissen, dass sie letztendlich Geschenk sind. Geschenk von oben, vom Vater.
Geistgewirkte Worte werden von den Menschen nicht nur gehört sondern auch verstanden, das heißt, sie kommen an. Geistesgegenwärtig finden Menschen eine Sprache, die nach und nach die Barrieren des Misstrauens beiseite räumt und Vertrauen stiftet. Papst Franzikus gehört zu denen, die diese Sprache sprechen.
So ist es die Geistesgegenwart der jungen Kirche, die eine Sprache hat, die alle verstehen und dadurch eine Gemeinschaft entstehen lässt, in der es sich lohnt zu leben. Auch uns ist heute Gottes Geist verheißen, wenn wir ihn darum bitten. Einen Geist, der nicht verzagt stimmt (2 Tim 1,7), sondern einen Geist, der immer eine Vision und Hoffnung schenkt. Die Jünger werden geistesgegenwärtig und reden daher ohne Furcht: „Wir können unmöglich von dem schweigen, was wir gesehen und gehört haben.“ (Apg 4,20)
Als ich von 2009 bis 2011 das überdiözesane Priesterseminar Leopoldinum in Heiligenkreuz/Niederösterreich leitete, wurde ich vom damaligen Vorsitzenden der österreichischen Regenten gefragt, ob ich mir vorstellen könne, das 3-tägige österreichische Seminaristen-Treffen erstmals in Heiligenkreuz auszuführen. Nach einigem Zögern – ich dachte dabei an die viele Arbeit und Anstrengung, dachte an die schwierige Aufgabe, die Seminaristen für das Mammutprojekt zu motivieren – sagte ich zu. Denn ich sah eine große Chance, unser damals eher unbedeutendes Seminar dadurch in die große österreichische Seminarlandschaft einzureihen. Heute weiß ich, dass meine Zusage geistesgegenwärtig war, denn es ist uns nicht nur trotz mancher Bedenken ein tolles Treffen gelungen, sondern das Priesterseminar konnte im vergangenen Jahr sogar erweitert werden. Ich wünsche uns allen immer wieder die Gegenwart des Heiligen Geistes, dessen Ankunft wir heute, 50 Tage nach Ostern, feiern. Frohe und gesegnete Pfingsten.
Pater Pirmin Holzschuh
Der Autor ist Prior des Zisterzienserklosters in Bochum-Stiepel
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