
In der katholischen Journalistenschule erproben Nachwuchsjournalisten die Arbeit vor und hinter der Kamera. Foto: ifp
Die katholische Journalistenschule ifp wird 50 Jahre alt und genießt in der Medienbranche hohe Anerkennung
Früher erkannten sich Journalistenschüler der katholischen Kirche an ihrem Gepäck, einer Reiseschreibmaschine. Wer am Bahnhof ankam und „Gabriele“ dabei hatte, gehörte dazu. Die Zeiten sind vorbei. Heute besticht das Münchner „Medienkloster“ Sankt Anton durch modernste Technik. Zum Kameratraining geht es in die – zum Fernsehstudio umgebaute – Schmerzhafte Kapelle.
Hinter dem Kürzel ifp verbirgt sich seit 50 Jahren die etwas schwerfällige Bezeichnung „Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses“. Den Initiatoren sei 1968 nichts Griffigeres eingefallen, erinnert sich Gründungsdirektor Wolfgang Seibel (89). Spätere Umbenennungsversuche scheiterten. „Immer war einer dagegen“, sagt der Jesuit.
Inzwischen hat sich der Begriff „katholische Journalistenschule“ eingebürgert. Seibel kann sich auch damit nicht ganz anfreunden. Das „Katholische“ im Titel lehnte der bis 1991 amtierende ifp-Direktor stets ab. Allein schon, um den Eindruck zu vermeiden, die Kirche wolle damit eine „fünfte Kolonne“ in die Medien dieser Republik einschmuggeln. Auch sollte es von Anfang an nicht nur um die Ausbildung von Redakteuren für kirchliche Blätter gehen. Einige Bischöfe hätten bisweilen moniert, dass die Kirche mit ihrer Journalistenschule die eigenen Kritiker heranbilde, erzählt der Jesuit. Auf diesen Vorbehalt hin habe er stets auf das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) verwiesen, in dem sich die Kirche als ständig der Bekehrung und Erneuerung bedürftig bezeichnet habe. Daher sollten die Bischöfe lieber dankbar sein für kritische Journalisten.
Etwa 3000 Absolventen zählt das ifp bis heute. Der Prominenteste dürfte der Entertainer Thomas Gottschalk sein, der zur Jubiläumsfeier Ende Januar in der Münchner Jesuitenhochschule mit Kardinal Reinhard Marx über Gott und die Welt plauderte. Darüber hinaus sind aus dem Institut etliche Chefredakteure, Edelfedern und preisgekrönte Reporter hervorgegangen. Mittlerweile dürfte es in Deutschland keine größere Redaktion mehr ohne mindestens einen „Institutler“ geben.
Nicht zwingend katholisch
In der Branche wird das ifp sehr geschätzt. Das drückte sich auch in Geldspritzen aus, als das Institut vor zehn Jahren von verschiedenen Standorten aus in München zusammengeführt wurde und neue Räume bezog. Die 24 Gästezimmer tragen Namen berühmter Publizisten, von Egon Erwin Kisch bis zu Marion Dönhoff. Die Sponsoren, darunter der Süddeutsche Verlag, Bertelsmann und Gruner&Jahr, durften dabei durch ihre Zuschüsse mitreden. Die 27 deutschen Bistümer lassen sich den Betrieb jährlich 1,6 Millionen Euro kosten, rund 400000 Euro müssen durch Gebühren von Weiterbildungsteilnehmern eingespielt werden.
Das Ausbildungsangebot hat sich im Laufe der Jahre immer weiter ausdifferenziert. Theologen können sich im ifp fit machen für das „Wort zum Sonntag“ oder besinnliche Kurzansprachen im Radio. Seit über 20 Jahren werden journalistische Talente aus den früheren Ostblockländern ausgebildet. Etwa ein Dutzend Tageszeitungshäuser schickt seine Volontäre regelmäßig zu externen Kursen ins ifp. Für die Kurseinheiten werden namhafte Referentinnen und Referenten aus der Medienbranche verpflichtet. Stolz ist man auf das Netzwerk der Ehemaligen. Alte Hasen nehmen Neulinge als Mentoren an die Hand, um ihnen den Berufseinstieg zu erleichtern. Regelmäßige Zusammenkünfte, sei es mit Kurskollegen, anderen Absolventen bei regionalen Stammtischen oder dem Jahrestreffen, befördern den Zusammenhalt. Zum Jubiläum lädt das Institut im Herbst nach Rom. 400 Anmeldungen gibt es dafür, so viel wie noch nie. Das gute Miteinander rührt auch daher, dass die Journalistenschüler im ifp nicht nur zusammen lernen, sondern während der Kurse auch zusammen wohnen. Einige Paare fürs Leben haben sich so gefunden.
Seit 2016 müssen Bewerber für die Stipendiaten- oder Volontärsausbildung nicht mehr zwingend katholisch sein. Sie sind es in der Regel zwar, aber man will auch Kandidaten mit einem anderen weltanschaulichen Hintergrund eine Chance geben, ohne das eigene Profil zu relativieren. So klopfte schon eine in Deutschland geborene Muslimin an die Tür, die als Schülerin ein katholisches Gymnasium besucht hatte.
Christoph Renzikowski (kna)
„Wir brauchen keine Alles-Könner, aber Alles-Kenner“
ifp-Direktor Bernhard Remmers tritt für eine Journalisten-Ausbildung und ein Redaktionsklima ein, die die kritische Reflexion fördern

(Foto: ifp)
München. Die katholische Journalistenschule ifp in München feiert in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag. Seit rund vier Jahren ist Bernhard Remmers (59) der Journalistische Direktor an der Einrichtung der Deutschen Bischofskonferenz. Im Interview spricht er über Herausforderungen für Journalisten und die Frage, was in der Ausbildung wichtig ist.
Herr Remmers, was unterscheidet den katholischen Journalistenschüler von allen anderen?
Remmers: Was die Professionalität angeht, hoffentlich nichts, allenfalls wollen wir besser sein. Zu einer Qualitätsausbildung gehört das Vermitteln von Regeln wie Quellenüberprüfung, das Wahrnehmen verschiedener Sichtweisen. Zusätzlich bieten wir den jungen Menschen an, den christlichen Glauben in der Tradition der katholischen Kirche näher kennenzulernen und für sich selber abzuwägen, ob das nicht eine Grundlage für das eigene Leben ist – auch in beruflicher Hinsicht. Wir glauben, dass eine christliche Verwurzelung eine Stärkung für einen Journalisten sein kann.
Wie macht sich das in der Ausbildung bemerkbar?
Remmers: Die jungen Menschen wohnen bei uns hier im Haus. Zum Angebot zählen Andachten, Meditationen und Gottesdienste. Darüber hinaus begegnen sie bei uns Menschen, die überzeugte katholische Christen sind. Der Geistliche Direktor steht als Seelsorger zur Verfügung.
Hat die kirchliche Prägung auch Einfluss auf Lerninhalte?
Remmers: Wir wollen natürlich auch kirchliches Fachwissen an den Mann und die Frau bringen. Denn in einer Redaktion werden ifp-Absolventen oft schnell auf diese Themen hin abgeklopft. Da ist es gut, wenn sie Expertise vorweisen können. So gibt es bei uns auch Abendgespräche oder Wochenendseminare, etwa zu Kirchenfinanzen.
Ist das dann katholischer Journalismus?
Remmers: Den gibt es nicht, glaube ich. Es gibt aber einen Journalismus, der aus dem Glauben heraus getragen ist. Christen wissen um das Leiden, das Scheitern von Menschen, aber auch um die Hoffnung auf Auferstehung. Das kann vor berufsbedingtem Zynismus oder auch Defätismus schützen und eine wichtige Kraftquelle sein.
Die Medienlandschaft hat sich rasant gewandelt. Trimedial ist ein Stichwort. Bilden Sie die Alles-Könner aus, die Texte, Radio und Bewegtbild in einem liefern?
Remmers: Wir brauchen keine Alles-Könner, aber Alles-Kenner. Unsere Absolventen sollten möglichst viele Bereiche medialer Darstellung kennengelernt und probiert haben. Entscheidend ist, die Vielfalt der Möglichkeiten im Blick zu haben, um bei der Entwicklung von Themen, von Geschichten in dieser Vielfalt zu denken: Eignet sich eine Geschichte besser für ein Video oder einen Text? In der Ausbildung und später auch im Beruf gibt es eine Spezialisierung.
Wie reagiert das ifp darauf?
Remmers: Wir entwickeln ein Modularsystem, in dem die jungen Leute in der ersten Phase eine Grundausbildung bekommen, anschließend aber eigene Schwerpunkte auswählen können, etwa Datenjournalismus, Reportage oder audiovisuelle Medien.
Früher galten Medien als verlässliche Nachrichtenvermittler. Heute schwindet das Vertrauen. Stattdessen greifen Menschen bereitwillig „alternative Fakten“ und „Fake News“ auf. Wie begegnet Ihre Journalistenschule diesem Trend?
Remmers: Ich glaube nicht, dass das Vertrauen in die Medien nachlässt. Es gibt noch ein hohes Vertrauen der Menschen in die öffentlich-rechtlichen Anstalten und Qualitätszeitungen. Gerade in politisch brisanten Zeiten zeigt sich das auch im Nutzerverhalten. Da sind dann zum Beispiel die „Tagesschau“ oder „Heute“ besonders gefragt – auch bei jungen Menschen…
…also können sich Journalisten beruhigt zurücklehnen?
Remmers: Nein! Als Journalisten müssen wir immer wieder das eigene Tun reflektieren. Dazu gehört eine gewisse Haltung: Nicht immer der ersten Meinung, der ersten These vertrauen, sondern auch mal mit der Annahme recherchieren, dass auch der andere recht haben könnte. Dazu braucht es ein Klima in den Redaktionen, das diese kritische Reflexion fördert. Daran mangelt es manchmal, da es oft sehr schnell gehen muss. Nötig ist, sich immer wieder zu fragen: Muss man auf jeden Zug mit aufspringen oder kann man den Nutzern auch mal sagen: Nein, das ist kein Thema.
Wie schult man das?
Remmers: Das kann man einfach nicht schulen. Das braucht Strukturen. Ein ifp-Absolvent, der neu in eine Redaktion kommt, kann das schließlich nicht allein durchsetzen. Wir versuchen diesen Ansatz zu fördern, zum Beispiel auch indem wir seit 2016 ein Programm zur Ausbildung von Führungskräften haben. Sie sollten dann diese Kultur der Reflexion etablieren können.
Interview: Christian Wölfel (kna)
Zur Person: Bernhard Remmers
Bernhard Remmers, Jahrgang 1958, stammt aus Münster und wuchs in Westfalen und im Emsland auf. Sein Studium der Geschichte und Sozialwissenschaften absolvierte er in Bonn, sein Volontariat im Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag. Danach war er landespolitischer Korrespondent in Kiel. Von 1994 bis 2007 war Remmers Chefredakteur der Verlagsgruppe Bistumspresse. Von 2008 bis 2013 betrieb er als selbstständiger Journalist und Medienberater die Medienwerkstatt am Rosenplatz in Osnabrück. Seit dem 1. Juni 2013 ist Bernhard Remmers Journalistischer Direktor des ifp. Er ist Mitglied in der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands e.V. (GKP), wo er auch einige Jahre im Vorstand tätig war, und war von 2003 bis 2010 Mitglied der Jury für den Katholischen Medienpreis.
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