NRW-Regierung sieht bei der Ditib kein Kooperations-Signal

Die Merkez-Moschee in Duisburg-Marxloh gehört zu Ditib. (Foto: uw)

Nordrhein-Westfalen sieht derzeit keine Voraussetzungen für eine Kooperation mit dem deutsch-türkischen Moscheeverband Ditib. In den letzten Monaten habe es bei der Ditib Vorgänge gegeben, „die uns nicht das Signal geben, dass man zuverlässig und vertrauensvoll auf eine weitere Zusammenarbeit aufbauen kann“, sagte Integrations-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) am Mittwoch vor Journalisten in Düsseldorf. Als belastende Beispiele nannte sie die jüngste Bundesvorstandswahl und eine zum Monatsende geplante Jugendreise der Ditib zum türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Nach der jüngsten Bundesvorstandswahl habe sich das von ihr erhoffte Reformsignal „in eine andere Richtung verstärkt“, erklärte Güler. Die aktuellen Entwicklungen deuteten darauf hin, dass alles bleibe „wie gehabt“. Dabei habe sie „größtes Interesse“, mit der Ditib als dem mitgliederstärksten muslimischen Verband in Deutschland zusammenzuarbeiten, betonte die CDU-Politikerin. Aber dies gehe nicht unter den jetzigen Voraussetzungen, die bei Ditib zutage träten.

Bei der jüngsten Bundesvorstandswahl der Ditib hatten sich die Personen durchgesetzt, die für eine enge Anbindung des Moscheeverbandes an den türkischen Staat und dessen Religionsbehörde eintreten. Zuvor war bereits die zum Reformflügel zählende Führung der Ditib-Jugend komplett zurückgetreten. Mit diesem Schritt protestierten sie gegen die Zwangsversetzung von zwei Mitarbeitern und gegen eine „von Misstrauen geprägte Stimmung im Verband“. Das Verhältnis zwischen der Ditib und der NRW-Landesregierung gilt seit der „Spionage-Affäre“ als belastet. Vor etwa einem Jahr waren Vorwürfe laut geworden, dass in deutschen Ditib-Moscheen türkische Regimegegner ausgespäht worden sein sollen. Zudem war Anfang dieser Woche bekanntgeworden, dass die Ditib junge Erwachsene für die letzte Märzwoche zu einer Türkei-Reise eingeladen hatte. Als Höhepunkt des Reiseprogramms wird ein Besuch im Präsidentenpalast von Ankara bei „unserem obersten Heerführer“ angekündigt.

Laut Güler muss den Jugendlichen mit türkischer Zuwanderungsgeschichte klar sein, dass ihr Präsident Frank-Walter Steinmeier und ihre Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) heißen. Zugleich warnte sie davor, alle Moscheegemeinden der Ditib „in einem Topf zu werfen“. Es gebe etliche Gemeinden, die sich gegenwärtig von der türkischen Staatsnähe ihres Dachverbandes abnabelten, sagte die Staatssekretärin. Diese Gemeinden wolle die Landesregierung fördern, um auch andere zu motivieren, „sich auf eine deutsche Infrastruktur einzulassen“. Deshalb setze sie bei der Ditib auf eine Reformbewegung von unten.

Akzeptanz des Islam in Deutschland hat deutlich abgenommen

Unterdessen hat laut einer Studie die Akzeptanz des Islam in Deutschland deutlich abgenommen. Nach der am Mittwoch in Düsseldorf vorgestellten Forsa-Befragung „Integrationserfahrungen im Ruhrgebiet“ sind nur noch 37 Prozent der Bundesbürger der Auffassung, dass der Islam zu Deutschland gehört. Zwei Jahre zuvor waren noch 47 Prozent aller Deutschen dieser Meinung. Allerdings ist die Akzeptanz des Islam im Ruhrgebiet laut Forsa mit 50 Prozent deutlich höher als im übrigen Bundesgebiet. Vor der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 hatten in der Region zwischen Duisburg und Dortmund sogar 60 Prozent erklärt, dass für sie die islamische Religion inzwischen zu Deutschland gehört.

Für die sinkende Akzeptanz des Islam machte der Präsident der Bonner Akademie für Forschung und Lehre praktischer Politik (BAPP), Bodo Hombach, zunehmenden Salafismus, „undurchsichtige Moscheestrukturen“, mangelnde Trennschärfe zwischen Asyl und Einwanderung sowie die massenhaften Übergriffe in der Kölner Silvesternacht 2015 verantwortlich. Gleichzeitig gebe es aber nach wie vor eine große Bereitschaft für „hilfreiches bürgerschaftliches Engagement“. Zahlreiche Gruppen warteten bei der Integration der Flüchtlinge nicht auf die Politik, sondern packten an. Dabei spielten die Kirchen eine „wichtige Rolle“, so Hombach.

Das BAPP hat die 130-seitige Studie zu „Integrationserfahrungen im Ruhrgebiet“ in den vergangenen zwei Jahren erstellt. Ein Ergebnis laute, dass die ältere Generation der Einwanderer durch Arbeit und Einkommen „integriert und angekommen“ sei, erklärte Hombach. Dennoch sehen laut Forsa 80 Prozent der Bundesbürger die Notwendigkeit für mehr Integrationsangebote. Während die türkischen Migranten der ersten Einwandergenerationen der BAPP-Studie zufolge erklärten, dass für ihr Leben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wichtiger sei als Recep Tayyip Erdogan, identifizierten sich die jüngeren Deutsch-Türken mehrheitlich mit dem türkischen Staatspräsidenten. Im Leben der jüngeren Migranten spielten das türkische Staatsfernsehen und türkische Printmedien eine wichtige Rolle, so Hombach. Dadurch verfestige sich die „Meinungsblase eines Teils der türkischen Bevölkerung“ in NRW.

NRW-Integrationsstaatsekretärin Serap Güler (CDU) appellierte an die Politik, künftig „statt von Willkommenskultur von Anerkennungskultur“ zu sprechen. Dadurch solle gerade den jungen Migranten das Gefühl vermittelt werden, dass sie Teil dieser Gesellschaft seien. Oft fühlten sich jüngere Muslime von der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe ausgeschlossen. Dies werde womöglich noch durch eine politische Rhetorik der „Willkommenskultur“ verstärkt.

kna/rwm