Unfälle mit Toten und Schwerverletzten, Gewalt bei Fußballspielen und Demonstrationen, Todesnachrichten überbringen: Polizeibeamte sind im Arbeitsalltag häufig schwierigen Ausnahmesituationen ausgesetzt. Als neue Polizeiseelsorgerin in Essen und Mülheim hilft ihnen die Pastoralreferentin Astrid Jöxen, Belastungen zu verarbeiten und wieder Frieden zu finden.
Jöxen, 41 Jahre alt und Mutter von drei Kindern, ist verheiratet mit einem Feuerwehrmann und kennt von dort die Arbeitsbedingungen in einer männlich geprägten Berufswelt. Weil immer mehr Frauen sich zur Polizeibeamtin ausbilden lassen, wurde eine weibliche Besetzung der neu geschaffenen Seelsorgestelle gern gesehen, zumal die weiteren drei Polizeiseelsorger im Bistum Essen Männer sind.
2200 Polizistinnen und Polizisten sind in Essen und Mülheim für die Sicherheit von 740.000 Einwohnern zuständig. Während ihre männlichen Kollegen auch die Aufgabe haben, die angehenden Polizeibeamten und –beamtinnen im Fach Berufsethik zu unterrichten, konzentriert Jöxen sich auf die Seelsorge. Nachdem sie zunächst im Streifenwagen die Arbeit auf der Straße kennengelernt hat, bietet sie künftig einfach zugängliche „Auszeiten“ vom oft stressigen Polizistendienst an, vor allem aber Einzelseelsorge oder Gruppenbegleitung nach belastenden Ereignissenim Arbeitsalltag. Für diese Aufgabe sind psychologische Kenntnisse von Vorteil.
„Die Grenzen zum Glaubensgespräch sind aber fließend, etwa wenn es um Schuld und Gewissensentscheidung geht“, hat Jöxen beobachtet, „Polizisten brauchen im Dienst oft einen Panzer, die können nicht alles an sich heranlassen.“ Deshalb sei es für viele Beamte ein guter Weg, sich ihren Druck von der Seele reden zu können.
Mit einer halben Stelle bleibt Astrid Jöxen weiterhin als Pastoralreferentin in der Pfarrei St. NikolausinEssen-Stoppenberg. Dort hatte sie zuvor die Segensfeiern für werdende Eltern und für neugeborene Babys organisiert und ist heute unter anderem im Beerdigungsdienst tätig. Bei diesen Aufgaben trifft sie als Seelsorgerin ebenso wie bei der Polizei oft auf Menschen, die nicht zum engen Kreis der Pfarreichristen gehören und in einer belastenden Lebenssituation sehr bereit sind, über die eigenen Fragen nach Sinn und Glauben zu sprechen.
Für Jöxen ist die Arbeit in der sogenannten „Kategorialseelsorge“ für einzelne Zielgruppeneine erfüllende Aufgabe und ein wichtiges zukünftiges Aufgabenfeld der Kirche, „zu schauen, in welcher Lebensphase jemand steht, und sich dann Zeit für ihn zu nehmen. Menschen in Grenzsituationen haben oft großes Vertrauen in die Arbeit von Seelsorgern.“ Das sei auch für sie selbst immer wieder überraschend: „Dass sie mir zutrauen, eine Antwort zu geben!“