Forderung im Landtag: Ditib durch Verfassungsschutz beobachten – „Was muss noch passieren?“

Die Diskussion um den deutsch-türkischen Moscheeverband Ditib reißt nicht ab. Einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz stehen hohe rechtliche Hürden entgegen.

Nach Vorwürfen der Spionage und Kriegspropaganda plädieren die Fraktionen im nordrhein-westfälischen Landtag mehrheitlich für eine Beobachtung des deutsch-türkischen Moscheeverbandes Ditib durch den Verfassungsschutz. Den demonstrativen Entspannungssignalen der kürzlich neugewählten Ditib-Führung schenken die Politiker offenbar keinen Glauben. Alle sieben Vorstandsmitglieder stehen nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden im Verdacht, von Ankara gesteuert und finanziert zu werden, um in Deutschland eine nationalistische Politik für das Erdogan-Regime zu betreiben.

(Symbolfoto: © Ercan Apil | Dreamstime.com)

CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen beklagt eine „fehlende Abgrenzung der Ditib-Führung von radikalen, antidemokratischen muslimischen Kräften“. Deshalb sei näher zu überlegen, ob die Ditib vom Verfassungsschutz beobachtet werden soll. Vor allem die jüngste Geheimkonferenz von hundert Islamwissenschaftlern in der Kölner Ditib-Zentralmoschee, bei der auch Vertreter der radialen Muslimbruderschaften auftraten, hat die Christdemokraten empört.

Die SPD-Landtagsfraktion hatte schon Mitte des vergangenen Jahres die Beobachtung der Ditib durch den Verfassungsschutz gefordert. Damals war bekannt geworden, dass der Verband in ostwestfälischen Moscheen Kriegsspiele mit Kindern in Militäruniformen inszenierte. „Was muss noch passieren, bis die Landesregierung die Gefahr, die hier droht, endlich richtig einschätzt?“, fragte der SPD Integrationsexperte Ibrahim Yetin.

Selbst die den Sicherheitsbehörden eher skeptisch gegenüberstehenden Grünen sprechen sich dafür aus, eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu prüfen. Es gebe „Anhaltspunkte“, die für ein verfassungswidriges Verhalten des Verbandes sprächen, sagt der Grünen-Landesvorsitzende Felix Banaszak. Die Ditib sei „ein verlängerter Arm Ankaras“ und kooperiere mit „antidemokratischen Kräften“.

Dennoch zeigt der NRW-Verfassungsschutz derzeit keine große Neigung, die Ditib offiziell als Beobachtungsobjekt einzustufen. „Das sind Nationalisten, aber keine Extremisten“, heißt es. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ditib in Deutschland „umstürzlerisch aktiv“ sei. Ein Sprecher des Innenministeriums verweist auf „hohe rechtliche Hürden“. Es wird befürchtet, im Falle einer Beobachtung des Moscheeverbandes von den Gerichten zurückgepfiffen zu werden.

Derweil lässt die schwarz-gelbe Landesregierung ihre Kooperation mit der Ditib beim Religionsunterricht und der Gefängnisseelsorge weiter ruhen. Die Staatskanzlei prüft schon seit fünf Jahren, ob es sich bei dem Verband um eine religiöse Organisation handelt. Vor einer Entscheidung will Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) noch ein „religionssoziologisches Gutachten“ abwarten.

Dagegen hat der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, sein Urteil längst gefällt: „Die Ditib ist im Leben keine religiöse Organisation.“ Schließlich werde der Vorsitzende nicht durch die Delegierten der über 900 Ditib-Gemeinden in Deutschland gewählt, sondern von der türkischen Glaubensbehörde Diyanet befristet eingesetzt. Dem neuen Ditib-Vorsitzenden Türkmen bescheinigen die Behörden „eine Musterkarriere“ vom Imam in Dinslaken bis zum Religionsattache in Stuttgart. Zuletzt war er vier Jahre Abteilungsleiter beim Amt für Auslandstürken in Ankara. Damit war er auch zuständig für die Ditib-Imame in Deutschland, die Ende 2016 in den Verdacht gerieten, türkische Regimegegner der Gülen-Bewegung für das Erdogan-Regime ausgespäht zu haben.

Unterdessen strebt NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) den Dialog mit einzelnen Muslimen und Moscheegemeinden außerhalb der Ditib an. Derzeit erhält sein Haus offenbar zunehmend Signale aus der türkischen Community, die auf eine Spaltung des Verbandes hindeuten. „Wenn sich die Reformkräfte innerhalb der Ditib nicht durchsetzen werden, wird es da über kurz oder lang zu Abspaltungen kommen“, prophezeit Stamp. Es gebe viele Muslime, die mit der Ditib-Politik unzufrieden seien. „Die wollen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht in Mithaftung genommen werden für das, was sich irgendwelche Verbände an Grotesken leisten.“

Von Johannes Nitschmann (KNA)