Die katholische Großpfarrei St. Hippolytus gibt zwei Kirchen auf und reagiert auf die öffentliche Kritik an ihren Abrissplänen für das Liebfrauen-Gemeindezentrum in Beckhausen.

Kirche St. Laurentius (Foto: rwm)
Wenn am 3. Februar der Essener Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck in der Horster St. Laurentius-Kirche zu Gast ist, bedeutet dies einen weiteren Schritt im sogenannten Pfarrentwicklungsprozess (PEP) der Großpfarrei St. Hippolytus: An diesem Tag wird die Kirche außer Dienst gestellt.
„Eigentlich sollte dies schon 2017 geschehen. Vor dem Hintergrund dringend notwendiger Sparmaßnahmen ist dieser Schritt nun allerdings unausweichlich und nicht weiter aufzuschieben“, sagt Pfarrgemeinderatsvorsitzender Berthold Hiegemann. Das Abschiednehmen indes beginnt schon an diesem Sonntag: „Seitens des Teilprojektteams von St. Laurentius wurde ein umfangreiches Programm auf die Beine gestellt, um allen Gruppen, Vereinen und auch allen Gemeindemitgliedern Gelegenheit zu geben, sich persönlich von dem Gotteshaus zu verabschieden“, so Hiegemann.
Weiterhin Sonntags- und Werktagsgottesdienste
Zugleich betont er, dass auch nach der Schließung der Kirche am Standort von St. Laurentius weiterhin Sonntags- und Werktagsgottesdienste gefeiert werden – im benachbarten Seniorenheim Haus Marienfried und im angrenzenden Katechetischen Zentrum. „Somit steht an diesem Tag eher der Begriff ‚Aufbruch‘ statt des Begriffs ‚Abschied‘ im Vordergrund“, findet Hiegemann. Was mit dem unter Denkmalschutz stehenden Kirchengebäude passieren wird, ist unterdessen immer noch unklar.
Hiegemann nimmt auch Stellung zur Kritik an den Abrissplänen für das Gemeindezentrum Liebfrauen in Beckhausen, das bereits zum Jahreswechsel außer Dienst gestellt wurde. Der Gelsenkirchener Architekt und Bauhistorikers Dr. Lutz Heidemann hatte zuvor kritisiert, das Gebäude am Marktplatz abzubrechen, „obwohl offensichtlich noch kein Investor vorhanden ist und kein Planungsrecht besteht“. Beckhausen sei „ein durchwachsener Stadtteil und hat nur diesen einen Platz“.
„Bau schafft eine ruhige Platzwand und strahlt Würde aus“
Der pensionierte Gelsenkirchener Stadtplaner weist darauf hin, dass das Gebäude 1928 von dem namhaften Architektenbüro Weber und Heide aus Buer entworfen wurde, das damals zum Beispiel das Kaufhaus Weiser und eine Reihe weiterer solider kirchlicher Gemeindebauten planten, darunter auch das Josefshaus in Erle.
„Es ist eine ruhige klare Architektur, sie differenziert zwischen Hauptgeschoss mit großen Rundbogenfenstern und etwas bescheideneren Fenstern im Obergeschoss. Der Bau schafft eine ruhige Platzwand und strahlt Würde durch seine beiden Giebel mit anderer Firstrichtung aus“, sagte Heidemann. „Ich habe große Zweifel, ob ein Investor eine ähnlich gute stadtgestalterische Lösung anbieten wird.“
Schmidt erwartet eine Antwort der Pfarrei
Der ehemalige Stadtplaner fragt, warum nicht erst eine Gesamtplanung auf dem wirklich großen Grundstück entwickeln werde. „Am besten mit einem kleinen Wettbewerb und dann erst Fakten schaffen? Vielleicht finden sich auch Investoren, die das Gebäuden erhalten und in eine größere Lösung einbeziehen wollen“, so der Architekt.
Die Beckhausener SPD-Stadtverordnete Elsbeth Schmidt sagt, sie nehme Heidemanns Stellungnahme mit Interesse zu Kenntnis. In ihren regelmäßigen Bürgersprechstunden sei sie mehrfach auf die geplanten Änderungen in der Liebfrauengemeinde angesprochen worden. „Dabei ging es in erster Linie um den Erhalt des Kirchengebäudes. Der Kirchturm ist von 1911 und prägt das Stadtbild in Beckhausen“, so Schmidt.
„Erhaltung schwierig“
Die Beckhausener Bürger wollten, „dass das Gebäude erhalten bleibt und in weitere Planungen der St. Hippolytus Pfarrei aufgenommen wird“. Sie habe im November ein entsprechendes Schreiben an die Pfarrei und auch an das Planungsbüro gerichtet. „Wir Bürgerinnen und Bürger wollen nicht warten, bis eine Entscheidung gefallen ist, die dann nicht mehr zu ändern ist. Wir wollen unsere Bedenken und Anregungen mit einbringen“, sagte Schmidt. Bis heute habe sie nichts gehört.
Es sei „selbstverständlich im Interesse der Pfarrei, zeitnah eine neue Nutzung für das Gelände an der Liebfrauenkirche zu finden“, sagt Berthold Hiegemann nun, der betont, dass „natürlich auch ein Versammlungsort für die Gemeinde eingerichtet werden“ solle, an dem auch Gottesdienste und weitere Gemeindeveranstaltungen durchgeführt werden können.
„Einvernehmliche Lösung finden“
„Wie und in welcher Form diese Umnutzung des Geländes jedoch gestaltet werden kann und wann in diesem Zusammenhang die entsprechenden Flächenentwicklungen vorgenommen werden können“, so Hiegemann, sei von mehreren Faktoren, wie beispielsweise behördlichen Genehmigungen, abhängig, die die Pfarrei selbst nicht beeinflussen könne. „Ebenso ist es nach Einschätzung der Pfarrei schwierig, wenn nicht gar wirtschaftlich unmöglich, Teile des Gemeindezentrums aufgrund der mangelhaften Gebäudesubstanz im Rahmen der Neugestaltung zu erhalten“, sagt der Pfarrgemeinderatsvorsitzende.
„Bei allen Überlegungen ist es der Pfarrei jedoch wichtig, eine einvernehmliche aber auch wirtschaftlich vertretbare Lösung zu finden. Hierzu werden in den nächsten Wochen notwendige Absprachen mit unterschiedlichen Beteiligten geführt“, erklärt Hiegemann.
Umfangreiches Programm
Die „Abschiedswoche“ in St. Laurentius beginnt am Sonntag um 10 Uhr mit der Heiligen Messe. Um 15 Uhr beleuchtet ein Bildvortrag die Geschichte der Kirche, um 17 Uhr schließt sich die Aussetzung des Allerheiligsten und ein stilles Gebet an. Die gesamte Woche über ist eine Ausstellung von Bildern der letzten 50 Jahre zu sehen.
Am Montag findet von 18 bis 19.30 Uhr in der Kirche ein Lichter-Rosenkranzgebet statt. Den Dienstag eröffnet eine Heilige Messe um 8.30 Uhr. Um 10 Uhr nehmen die Kinder aus der Kita St. Laurentius Abschied. Am Abend laden Jugendchor St. Laurentius und Vokalensemble zu einer offenen Chorprobe ein.
Messe „Nicht nur ein Stein“
Am Mittwoch findet um 8 Uhr findet ein Schulgottesdienst statt; nach der Heiligen Messe um 18 Uhr wird die Messe „Nicht nur ein Stein“ aus der Feder des Horster-Kirchenmusikers Gregor Schemberg aufgenommen. Sie behandelt das Thema der Kirchenschließungen und macht deutlich, dass sich christliche Glaubensgemeinschaften nicht durch Bauten definieren.
Am Donnerstag steht um 16.30 Uhr die Erstbeichte der Kommunionkinder an, um 19 Uhr gibt es einen Vortrag mit dem Titel „Der Weg unserer Krippe“. Im Anschluss wird die Krippe gemeinsam abgebaut. Zu einer offenen Videonacht für alle Gemeindemitglieder lädt die Katholische junge Gemeinde am Freitag ab um 20.15 Uhr ein.
Ab dem 4. Februar beginnt dann das Abschiednehmen von der Kirche St. Marien in Karnap, die ebenfalls zur Pfarrei gehört. Hier findet am 10. Februar um 15.30 Uhr die letzte Eucharistiefeier statt, musikalisch gestaltet durch den Pfarreichor. Auch hier ist Bischof Overbeck zu Gast.