Landesinititative zur Zukunft von Kirchengebäuden

Das vergoldete Dachkreuz, schlank wirkende Kirchmauern in glattrotem Backstein und eine für besondere Kulturereignisse umgebaute und als Theater eröffnete Kirche. Davon erzählendie Fassade und das neue Logo „Theater total“ an der von Gottfried Böhm erbauten und 1964 geweihten Kirche. St. Albertus Magnus im Bochumer Stadtteil Wiemelhausen wurde 2008 geschlossen und zum Umbau als Zimmertheater für bis zu 180 Personen 2014 profaniert.

Die ehemalige St.- Albertus-Magnus-Kirche (Foto: uw)

Das Theater-Zuhause in einem Raum mit vielen Zeugnissen gläubiger Geschichte – war jetzt für rund 200 Gäste Ort der Eröffnung einer Initiative des Landes NRW. Es geht dabei um wegweisende Ideen, um Beratung und Vernetzung von Menschen in Sachen Kirchen-Neunutzung: Die, die nicht wissen, ob und wie sie ihre Kirchen retten können, sind aufgerufen, sich bis Juli 2019 als Förderprojekt zu bewerben. Vom Land ausgewählt, wird ihr Wille und ihre Vision entwickelt und begleitet dann in Formen gegossen. Vielleicht kann in ihrer Kirche Neues für den Stadtteil, die Kultur und das Bauwerk entstehen. Warum das Land vermutlich acht solcher Projekte mit Beratung und durch Workshops bis 2021 fördert?

Antworten in einer moderierten Diskussion gaben in St. Albertus Magnus neben dem Städtebau- und Heimatministerium NRW viele Fachleute verschiedener Profession und Herkunft: Vertreter von Architekten und Ingenieurkammern NRW stellten sich der Zukunft von geschätzt 2000 nicht mehr benötigten Gotteshäusern in NRW; dazu Verantwortliche der Kirchen im Land und Ursula-Kleefisch-Jobst, die Geschäftsführende Generalkuratorin des Museums für Architektur- und Ingenieurkunst NRW. Für sie sind die 6000 Kirchen in NRW Orte der Lebensgeschichte von Menschen und zudem der Kunst- und Gesellschaftsgeschichte. „Das Besondere etwa im Rheinland ist, dass wir hier auf die größte Dichte modernen Kirchenbaus weltweit und auf seine Zeugnisse treffen.“

Kirchen haben kulturellen und sozialen Wert

Kirche sei nicht bloß Gebäude, sondern Ort von Erlebnissen der Jugend wie der Erwachsenenzeit, ergänzte Jan Heinrich, Staatssekretär im Bau- und Heimatministerium NRW, in einer auch persönlich gefärbten Ansprache am Beispiel seiner Heimat Heiligenhaus. Er unterstrich solche Bedeutung von Kirchen landesweit und leitete daraus Verpflichtungen ab. „Diese Veranstaltung ist der Startschuss für einen weiteren Weg.

Neue Konzepte für herausragende und für Beziehungen stiftende Kirchen zu finden, „ist ein Thema, das die Gesellschaft bewegt“. Für alle verantwortlichen im Land – von Stadtpolitikern über Kultur-Engagierten bis zu Architekten – sei es wichtig, sich dem zu stellen. Zuvorderst verantwortlich sind seiner Ansicht nach aber die Kirchen als Eigentümerinnen. Es sei „Aufgabe des Landes“, Netzwerke in diesem Prozess zu stützen und engagierte Bürger zu begleiten. Wo alle, so der Staatssekretär, zum letzten Gottesdienst – an einem von sechs vereinigten evangelischen Kirchstandorte in Heiligenhaus – kamen, „da erinnerten wir uns an unser Engagement für die Ausstattung der Kirche mit den drei kleinen Fenstern. Später fanden sie – wenigstens hinterleuchtet in einer Wand des neuen Gemeindezentrums für alle Standorte – ihren Platz.“

Dass es gilt ,Wege als Gemeinde mitzugehen, um mit den Kirchen nicht auch Lebensgeschichte(n) zu beerdigen, das stand zwischen den Zeilen vieler Äußerungen an diesem Nachmittag. Klar war zugleich, dass für Kirchen jede Neu-Nutzung erst erarbeitet werden und zu einem schlüssigen Konzept geführt werden muss. FürHanna Hinrichs, Geschäftsführerin des Landes-Projektes StadtBauKultur ist – was ihr Programm „ZukunftKirchenRäume“ betrifft – die „Frage nach dem Wir“ entscheidend.

„Kirchen sind Treffpunkte, Landmarken im Stadtteil, Wirtschaftsobjekte und Herausforderungen für Bauleute.“ So braucht es einen vielfältigen Blick auf sie als Zeugnisse von alltäglicher, baulicher und religiöser Kultur. „Initiativen vor Ort und die Gemeinden sind die Hauptpersonen auf der Suche nach Lösungen im von uns unterstützten Prozess.“ Dem dient in Zukunft die mit 135.000 Euro veranschlagte Förderung und das Zusammenwirken vieler für diese besonderen Orte des Alltags. Darüber hinaus bietet im Netzportal zu den Kirchen eine Karte die Übersicht über gelungene Projekte und ihre Geschichte sowie Adressen von Gestalter/innen.

Auf dem Weg dorthin gilt es auch für die Bauleute, Herausforderungen zu überwinden. Offen beschrieben das Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW, und Heinrich Bökamp für die Kammer der Ingenieure im Land. Uhing: „Wir müssen Pläne von Kirchen, die nicht mehr gebraucht sind, heute anders sehen. Auch für uns ist das ein hochemotionaler Vorgang. Und wir sind gerade dabei, das zu lernen.“

Bökamp stritt große Herausforderungen nicht ab. „Sich der Standsicherheit, Bauphysik und Kirchenstatik neu zu widmen, ist nicht einfach.“ Er konkretisierte das am Beispiel des Umbaus auch von Kirchen mit kunstvoll gestalteten Gewölben. „Es ist spannend, dies neu zu gestalten.“ An Gewölbe, Räume und Kirchen als „gebaute Theologie“ hatten Antonius Hamers und Thomas Weckelmann, Leiter des katholischen und des evangelischen Büros bei der Landesregierung, erinnert. Hamers verdeutlichte, gerade Kirchen der Moderne wie die Wiemelhausener oder auch der „als Zeltstadt“ von Gläubigen gebaute Mariendom in Neviges verdeutlichten dies.

Diese Gläubigen und andere an den Kirchen und ihrem Erhalt interessierte Bürger, sind bis zum 14. Juli aufgerufen, so der in Albertus Magnus gestartete Projektaufruf, „auf der Website zu lernen“ und sich „mit ihrem Gebäude für ein geplantes Zukunftsprojekt“ zu bewerben.

uw

www.zukunft-kirchen-raeume.de