Kirchenrechtler: Bald verheiratete katholische Priester 

Nach Ansicht des Münsteraner Kirchenrechtlers Thomas Schüller wird es in der katholischen Kirche bald verheiratete Priester geben. Zunächst werde die Amazonas-Synode im Herbst im Vatikan wegen des Mangels an Geistlichen in Lateinamerika „auf jeden Fall“ für in Ehe und Familie erfahrene Männer („viri probati“) als Priester votieren, sagte Schüller der Bistumszeitung „Kirche und Leben“ (Sonntag) aus Münster. „Das wird die Bischofskonferenzen und die Regionen der Weltkirche, die ebenso vom Priestermangel betroffen sind, ermutigen, einen ähnlich gelagerten Antrag zu stellen – unter großer Wertschätzung für den freiwillig gelebten Zölibat.“

Er sei sich ziemlich sicher, dass es auch in Deutschland solche verheirateten Priester geben werde, sagte Schüller. „Die überdeutliche Mehrheit der deutschen Bischöfe hat sich in der Richtung positioniert. Warum sollten sie also nicht einen entsprechenden Antrag in Rom stellen?“, fragte der Theologe. „Er würde sicherlich wohlwollend geprüft.“

Der Kirchenrechtler äußerte sich vor einer Fachtagung in Münster, die sich am Freitag und Samstag mit der „Lehrkompetenz der Bischofskonferenz“ befasst. Zu den Referenten gehören der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg und Generalvikar Klaus Winterkamp aus Münster.

(Foto: WWU/Benedikt Weischer)

Schüller sprach sich dafür aus, dass die nationalen Bischofskonferenzen die Möglichkeit haben, in bestimmten Fragen einen eigenen Weg zu gehen. „Es kommt darauf an, im Notwendigen Einheit zu erhalten und zugleich eine Pluralität zu ermöglichen, die dennoch katholisch ist“, sagte der Kirchenrechtler. Das gelte etwa für die Zulassung protestantischer Ehepartner zur Kommunion. Diese Frage sei in Deutschland von ganz anderer Bedeutung als in Italien, wo es kaum Protestanten gebe.

Papst Franziskus habe mehrfach die Wichtigkeit betont, die Bischofskonferenz aufzuwerten und ihr stärker Kompetenzen zuzuweisen, sagte der Theologe. „Das steht konträr zu Entwicklungen der Pontifikate von Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI., die alles getan haben, um die Bischofskonferenz kleinzuhalten.“