Der „synodale Weg“ nimmt Gestalt an

Viel wurde zuletzt über den „synodalen Weg“ diskutiert, der die katholische Kirche in Deutschland in die Zukunft führen soll. Einen ersten Fahrplan gibt es jetzt. Doch was wie konkret vorangebracht werden soll und unter welchen Bedingungen, das muss sich erst noch weisen.

(Symbolfoto: pixabay)

Einmütigkeit demonstrierten beide Spitzenvertreter vor den Journalisten. Und wer weiß: Vielleicht wird die Pressekonferenz mit Kardinal Reinhard Marx und Thomas Sternberg auf dem Parkplatz des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in Bonn einmal als Meilenstein in die jüngere Kirchengeschichte hierzulande eingehen – mit dem von der Sonne beschienenen Peters(!)berg im Rücken.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz und der Präsident des Katholiken-Komitees stellten einen ersten Fahrplan für den „synodalen Weg“ vor. Demnach soll der Reformdialog Anfang Dezember in Gang kommen; das erste große Treffen könnte dann im Frühjahr 2020 stattfinden. Bis es soweit ist, sind allerdings noch einige Hürden zu nehmen. Noch fehlt beispielsweise ein Regelwerk für den gemeinsamen Weg. Er lehnt sich begrifflich zwar an das Wort „Synode“ an, will aber trotzdem nicht ganz das Gleiche sein, wie Marx betonte.

Die inhaltliche Vorbereitung sollten ursprünglich drei von Bischöfen geleitete Foren übernehmen, ein viertes kam jetzt neu dazu: „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ unter Vorsitz des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Bode. Die Frauenfrage könnte ein Schlüsselthema sein, mit dem sich kirchenintern und öffentlich punkten lässt. „Ohne Geschlechtergerechtigkeit kann und wird es keine wirkliche Reform geben“, unterstreicht die stellvertretende Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft kfd, Agnes Wuckelt.

Erklärtes Ziel des Reformdialoges ist es, nach dem Missbrauchsskandal verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und „Antworten auf die Fragen der Zeit“ zu geben. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen und einer zunehmend kirchenfernen bis kirchenkritischen Öffentlichkeit stellt sich die Frage, welche Spielräume der „synodale Weg“ hat – nach dem inhaltlich ähnlich ausgerichteten Gesprächsprozess von 2011 bis 2015. Der Auftritt von Marx und Sternberg legt nahe, dass die Verantwortlichen vor allem auf einen höheren Grad an Verbindlichkeit setzen.

Kirchenrechtlich kann eine Synode allerdings nur beratende Funktion haben. Die Entscheidung, Beschlüsse umzusetzen oder auch nicht, liegt in der Hand des Ortsbischofs. Und heiße Eisen wie das Frauenpriestertum wären, so ließ Marx noch einmal durchblicken, ohnehin nur auf Ebene der Weltkirche zu lösen. Denkbar sind also Beschlüsse mit unterschiedlichem Charakter: Manches würde dann hier entschieden, anderes als Votum nach Rom gehen.

Im Vorfeld schöpft der „synodale Weg“ seine Dynamik aus einem Marsch durch die Institutionen. Nach einem Zwischenbericht, der am 13. und 14. September auf einem Treffen von Bischöfen, ZdK-Mitgliedern und weiteren Personen vorgestellt werden soll, wollen die Bischöfe bei ihrer Herbstvollversammlung Ende September in Fulda über den Reformdialog befinden; Mitte November ist das ZdK an der Reihe. Mit einem Scheitern rechnet niemand, doch an Diskussionspotenzial herrscht kein Mangel.

Was mit denen sei, die sich durch das Katholiken-Komitee nicht vertreten fühlten, etwa mit jugendlichen Anhängern der Initiative Nightfever, wollte einer der Journalisten bei der Pressekonferenz vorige Woche wissen. „Die Repräsentativität des Zentralkomitees der deutschen Katholiken für den Katholizismus in Deutschland ergibt sich aus seiner Besetzung“, entgegnete Sternberg akademisch-selbstbewusst. Das Spektrum reiche von Diözesanräten über muttersprachliche Gemeinden und den Verbandskatholizismus bis hin zu Geistlichen Bewegungen.

Und die Bischöfe? Mit Konrad Zdarsa ist am Wochenende ein Oberhirte in den Ruhestand gegangen, der den „synodalen Weg“ als „Etikettenschwindel“ bezeichnet. Die Kritik dürfte deswegen nicht verstummen: Der Regensburger Bischof Rudolf Vorderholzer warnt davor, die Kirche neu erfinden zu wollen. Wer das vorhabe, beschreite einen „Weg der Zerstörung“. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki spricht sich gegen Reformen nach dem Vorbild des liberalen Protestantismus aus, stellt aber den beschlossenen Weg als solchen nicht in Frage.

Unter seinen Mitbrüdern wird der Bischofskonferenz-Vorsitzende Marx in den kommenden Monaten wohl vor allem als Moderator wirken müssen. Dass Differenzen bestehen bleiben, steht für ihn außer Frage. Einstimmigkeit sei notwendig „bei finanziellen Beschlüsse und wenn wir uns dogmatisch äußern wollten“, so Marx. Beim „synodalen Weg“ versuche er, eine große Einmütigkeit zu finden, ohne dabei die Verantwortung im Blick auf Rom und die Gemeinden vor Ort aus den Augen zu verlieren. Letzten Endes, so Marx, gehe es nicht um die Einheit der Bischofskonferenz: „Es geht um die Einheit des Gottesvolkes.“

Von Joachim Heinz (KNA)