Weihwasser als Hilfeschrei

In Kolumbien hat ein Bischof ein Zeichen gegen die ausufernde Kriminalität gesetzt und ist segnend mit einem Feuerwehrwagen durch die Armenviertel gefahren. Das Weihwasser soll aber nicht nur die Gewalt vertreiben.

Ganz so spektakulär wie in einigen Medien angekündigt wurde es zwar nicht. Nicht mit dem Hubschrauber aus der Luft, sondern mit dem Feuerwehrwagen fuhr der Bischof von Buenaventura, Ruben Dario Jaramillo Montoya, am Samstag durch die Armenviertel seiner Stadt. Auf dem mit Luftballons in den Farben Buenaventuras geschmückten LKW segnete der Bischof die besonders gefährlichen Viertel der Stadt mit geweihtem Wasser: „Dass der Friede und die Liebe diese Straßen erreicht“, rief der Bischof dabei den Menschen am Straßenrand von der Ladefläche des eigens dafür umgebauten Feuerwehrwagens zu.

(Foto: Diözese Buenaventura)

Seine Ankündigung hatte im Vorfeld bereits große internationale Aufmerksamkeit hervorgerufen; von einem großflächigen „Exorzismus“, einer Teufelsaustreibung, war da die Rede. Der Hintergrund der Aktion des katholischen Bischofs, der als einer der engagiertesten im Land im Kampf gegen Armut und für Menschenrechte gilt, ist aber ein ganz anderer. Buenaventura, an der kolumbianischen Pazifikküste gelegen, versinkt in Gewalt – wieder einmal. Die Hafenstadt ist eine wichtige Drehscheibe für die Drogenkartelle, zuletzt wurden hier auch U-Boote sichergestellt, mit denen Kokain tonnenweise in Richtung Norden transportiert werden sollte. In der Stadt tobt ein heftiger Bandenkrieg zwischen rivalisierenden Gruppen: „Durch diese Straßen fließt manchmal das Blut“, sagte der Bischof.

Und so bestieg er den Lastwagen, auf dem ein Mikrofon installiert wurde, um damit in jene Viertel zu fahren, in denen die Gewalt besonders heftig wütet. „Auf diesen Straßen gibt es manchmal Tote, in den Nachbarschaften gibt es manchmal unsichtbare Grenzen. Wir wollen die Freiheit, wir wollen wieder durch die ganze Stadt gehen können. Wir wollen frei und fröhlich sein. Die Menschen hier verdienen diesen Segen“, sagte Ruben Dario Jaramillo dem Nachrichtensender Caracol.

„Diese Straßen und Viertel zu segnen, wo die Gewalt am größten ist, bedeutet den Menschen sehr viel“, sagte Balmes Caicedo, ein Bürger Bonaventuras, dem Sender. Betazaida Olave, eine weitere Bewohnerin der betroffenen Viertel, erklärte: „Dass er die Stadt segnet, ist eine Bitte, dass die Gewalt endlich aufhört.“

Die Aktion des Bischofs ist schon jetzt ein Erfolg. Auch wenn sich vor allem internationale Medien auf den „Helikopter-Plan“ stürzten, gelang es Dario Jaramillo, die Aufmerksamkeit auf einen sozialen Brennpunkt des Landes zu lenken, der wegen seiner geographischen Lage oft in Vergessenheit gerät. In nahezu allen lateinamerikanischen Medien wurde noch am Samstag ausführlich über die Aktion des Bischofs berichtet. Seine Botschaft an die kolumbianische Regierung von Präsident Ivan Duque ist eindeutig: Buenaventura kann nicht länger warten. Der Bischof forderte von den Sicherheitskräften und den Gerichten größeres Engagement. Den Opfern der Gewalt rief er zu: „Euer Schmerz ist auch unser Schmerz. Ihr seid nicht allein.“

Die Gewalt macht dabei auch vor der Kirche nicht Halt. Zu Jahresbeginn 2018 erhielt der Direktor der Sozialpastoral in Buenaventura nach eigener Aussage Morddrohungen. Pater Jhon Reyna, der zugleich Mitglied des lokalen Bürgerkomitees ist, berichtete, dass auch andere Mitglieder von zivilgesellschaftlichen Organisationen ähnliche Drohungen erhalten hätten. Die Kirche gilt als eine der lautesten Stimmen gegen Gewalt, Armut und Ungerechtigkeit in der Region.

Nicht nur in Buenaventura, auch in Yumba, ebenfalls im westlichen Departament Valle de Cauca, gingen die Menschen jetzt auf die Straße. Ganz in Weiß gekleidet, forderten sie am Freitag bei einem vom Erzbistum Cali organisierten Friedens-Gottesdienst ein Ende der Gewalt. Auslöser war eine Mordserie, bei der zuletzt zwei Frauen von Auftragskillern getötet wurden.

Von Tobias Käufer (KNA)