Der Mädchen-Chor am Essener Dom präsentiert digital geprobtes Stück als Youtube-Premiere. Die meiste Zeit mussten die sieben bis 21 Jahre alten Sängerinnen anhand von Videos das Stück „Psalm 63“ einstudieren, das Chorleiter Raimund Wippermann selbst geschrieben hat. Jetzt hat Wippermann aus den von 43 Mädchen selbst per Handy aufgenommenen Singstimmen ein Chor-Video zusammengeschnitten – und lädt zur „virtuellen Welturaufführung“.
Wochenlang haben die Sängerinnen nur für sich am Handy oder vor dem Computer geprobt. Seit einigen Wochen dürfen sie zwar wieder in kleinen Gruppen gemeinsam singen – dennoch präsentiert der Mädchenchor am Essener Dom das aktuelle Werk als „virtuelle Welturaufführung“: „Psalm 63“ heißt das Stück, das am Samstag, 8. August, um 12 Uhr als YouTube-Video online geht. Komponiert von Chorleiter Raimund Wippermann, einzeln eingesungen von 43 Mädchen zwischen sieben und 21 Jahren und dann von Wippermann zu einem Chor-Video zusammengeschnitten.
Als im März auch für den Mädchenchor die coronabedingte Zwangspause kam, hatten die jungen Sängerinnen in den Proben schon erste Bekanntschaft mit Wippermanns Psalm-Komposition gemacht. Im Frühling oder Frühsommer sollte das Stück uraufgeführt werden, doch ohne Proben- und Konzert-Möglichkeiten musste dies gestrichen werden. „Aber ein Chor braucht ein Ziel“, sagt Wippermann. Also setzte der erfahrene Chorleiter und Professor an der Düsseldorfer Robert-Schumann-Hochschule – wie andere Chöre auch – auf Solo-Proben via Video.
15 „Übevideos“ mit Musik und pädagogischem Geschick
Wo bei erwachsenen Chören jedoch womöglich jedem Sänger eine Musik-Datei mit der eigenen Singstimme genügt, brauchte es bei den Kindern und Jugendlichen des Mädchenchores auch noch pädagogisches Einfühlungsvermögen und Geschick. 15 verschiedene „Übevideos“ hat Wippermann aufgenommen und den Mädchen samt Noten und Material zum Rhythmus des Stücks auf der Internetseite des Chores zur Verfügung gestellt. In den Videos singt Wippermann selbst die Stimmen mehrfach vor und ermuntert jeweils zum Mitsingen und Wiederholen. „So habe ich versucht, für jede Sängerin ein bisschen Proben-Atmosphäre zu schaffen“, sagt Wippermann.
Als dann vor einigen Wochen wieder Proben in kleinen Zehner-Gruppen möglich waren, „habe ich natürlich gemerkt, wer bis dahin mit den Videos mehr und wer weniger geprobt hatte“, berichtet Wippermann. Angesichts der reduzierten Proben konnten die Mädchen so mit den Videos weiter zuhause für sich proben. Kurz vor Beginn der Sommerferien wurde es dann ernst: „Da habe ich alle Mädchen gebeten, das Stück zuhause auf Video einzusingen.“ Das sei für viele Kinder „eine ungeheure Überwindung“ gewesen, sagt der Chorleiter. Schließlich sängen sie sonst immer als Teil einer großen Gruppe und nur selten für sich allein. Mit viel Überzeugungskraft und dem Tipp, sich die Aufnahme „bloß nicht noch mal anzuhören“, habe er schließlich 43 Musik-Videos aus den vier verschiedenen Singstimmen bekommen – und zu einem Chor-Video zusammengeschnitten, berichtet Wippermann.
Live-Konzert am Mittwoch, 30. September, im Dom
Nicht nur mit der auf dieser Weise entstandenen „Psalm 63“-Aufnahme, sondern auch mit der Arbeit und dem Engagement seiner Sängerinnen ist der Chorleiter nun hochzufrieden: „Der Chor ist an diesem Projekt auf jeden Fall gewachsen, jedes Mädchen hat sich ein Stück weit individualisiert“. sagt er. So sehr die digitale Form von „Psalm 63“ gelungen sei, so sehr freue er sich aber mit dem Mädchenchor darauf, bald auch wieder im Dom zu singen, sagt Wippermann. Für Mittwochabend, 30. September, ist das erste „Voices“-Konzert nach der Corona-Pause geplant. Dann soll „Psalm 63“ auch live erklingen.