In Politik und Gesellschaft werden die Forderungen nach mehr Freiheiten für Geimpfte lauter.
Bonn – In Politik und Gesellschaft werden die Forderungen nach mehr Freiheiten für Geimpfte lauter. Zugleich kündigte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) an, sie wolle „unverzüglich schnellstmöglich“ Lockerungen durchsetzen. Nach Möglichkeit solle dies auch schon vor dem bisher geplanten 28. Mai passieren, sagte sie auf Nachfrage im ARD-Morgenmagazin: „Wir müssen schnell ein Signal an alle senden, dass wir keine Möglichkeit mehr haben, die Grundrechte einzuschränken.“
Mehr Freiheiten für Geimpfte forderte der katholische Moraltheologe Franz-Josef Bormann, der auch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist. „Natürlich braucht es Lockerungen, wenn die Gründe für die Einschränkung der Freiheitsrechte nicht mehr bestehen“, sagte er dem Portal katholisch.de (Mittwoch). Der Tübinger Theologe widersprach dem Argument, Lockerungen für Geimpfte seien unsolidarisch. Wenn diese nachweislich keine Gefahr mehr für andere darstellten, sei die die Rückgewähr der Freiheiten „selbstverständlich rechtlich notwendig und auch ethisch geboten“. Das Gefühl, dass es anderen nicht besser gehen dürfe, sei „kein Sachgrund. Das betrachte ich als Impfneid.“
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach sich ebenfalls für Lockerungen aus und rief zugleich zu mehr Rücksichtnahme gegenüber Menschen auf, die derzeit noch keine Impfung haben könnten. Im Gespräch mit der Funke Mediengruppe nannte sie vor allem junge Menschen und Familien, „die seit über einem Jahr in großer Disziplin und Solidarität die Schutzmaßnahmen eingehalten haben, um vor allem andere zu schützen“. Hier brauche es „auch die Solidarität der Geimpften“.
FDP-Chef Christian Lindner forderte bei RTL/ntv großzügigere Zugeständnisse für Geimpfte: „Nur die Gleichsetzung mit negativ Getesteten, das reicht in unseren Augen nicht.“ Zum Beispiel solle es möglich sein, „dass Großeltern, die geimpft sind, zur Familie ihrer Kinder kommen können, ohne bei der Kontaktbeschränkung dazugezählt zu werden.“ Auch sollten Geimpfte von Ausgangssperren ausgenommen werden.
Für eine vollständige Rückgabe aller Freiheitsrechte sprach er sich aber nicht aus: „Ich höre sehr wohl die Argumente von bestimmten Ethikern und nehme das auch ernst.“ Der soziale Sprengstoff sei nicht zu unterschätzen, „wenn die einen die anderen beobachten, wie sie ihre Freiheiten leben“, so Lindner.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich plädierte für eine rasche Aufhebung der Corona-Beschränkungen für Geimpfte: „Das muss zügig kommen, denn wir sollten uns die Entscheidung darüber nicht von den Gerichten aus der Hand nehmen lassen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Es brauche nun „klare Kriterien dafür, wann für wen die Freiheit zurückkehren kann“. Für einen Stichtag sei es aber noch zu früh.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) appellierte an alle Eltern, sich sobald wie möglich impfen zu lassen. Außerdem sprach sie sich im ARD-Morgenmagazin für den Einsatz mobiler Impfteams in sozialen Brennpunkten mit besonders hohen Infektionszahlen aus. Zusätzlich sei hier sehr viel Aufklärungsarbeit nötig, um bestehende Ängste abzubauen und um fehlenden oder gar falschen Informationen entgegenzuwirken.