Druck auf Brasiliens Präsident Bolsonaro wächst

Angesichts von mehr als 500.000 Corona-Toten und mehreren Skandalen hat sich erstmals eine absolute Mehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren von Präsident Jair Messias Bolsonaro ausgesprochen.
Angesichts von mehr als 500.000 Corona-Toten und mehreren Skandalen hat sich erstmals eine absolute Mehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren von Präsident Jair Messias Bolsonaro ausgesprochen.

Präsident Jair Messias Bolsonaro (Foto:© Celso Pupo Rodrigues | Dreamstime.com)

Angesichts von mehr als 500.000 Corona-Toten und mehreren Skandalen hat sich erstmals eine absolute Mehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren von Präsident Jair Messias Bolsonaro ausgesprochen. Wie Medien am Wochenende berichteten, ergab eine Umfrage des Instituts Datafolha, dass 54 Prozent der Befragten für die Einleitung des Verfahrens sind, 42 Prozent sprachen sich dagegen aus. Derzeit erfährt der Präsident die niedrigsten Zustimmungsraten seit seinem Amtsantritt im Januar 2019. Für ein Amtsenthebungsverfahren bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Kongress.

Kritik von der Kirche

Kritik an der Regierung kommt auch von der Kirche. Am Freitag hatten Brasiliens Bischöfe in einem offenen Brief eine lückenlose Aufklärung der jüngsten Skandale um die Beschaffung von Corona-Impfstoffen gefordert. Es müsse alles für eine unabhängige und unvoreingenommene Untersuchung unternommen werden, „mit den eventuell anfallenden Konsequenzen, egal für wen“, so das Schreiben. „Die demokratische Gesellschaft Brasiliens durchschreitet derzeit eine der größten Herausforderungen seiner Geschichte.“ Angesichts der dramatischen Situation seien „Mut, Vernunft und eine rasche Richtungskorrektur“ gefragt.

Bereits bei Umfragen im Mai waren erstmals mehr Brasilianer für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bolsonaro als dagegen: 49 zu 46 Prozent. Nun sprang die Zustimmung für die Absetzung erstmals über 50 Prozent. In den vergangenen Wochen hatte ein Untersuchungsausschuss des Senats zwei Skandale bei der Beschaffung von Impfstoffen zutage gebracht. Zudem kamen Versäumnisse bei der Pandemie-Bekämpfung ans Licht. Mit über 530.000 Corona-Toten liegt Brasilien hinter den Vereinigten Staaten auf Platz 2 weltweit. Noch verfügt Bolsonaro über genug Stimmen im Kongress, um eine Ansetzung zu verhindern.

Meinungsforscher: Bolsonaro hat kaum eine Chance auf Wiederwahl

Am Donnerstag hatte ebenfalls Datafolha bereits die aktuellen Beliebtheitswerte der Regierung veröffentlicht. Danach stellen 51 Prozent der Befragten der Arbeit der Regierung Bolsonaro das Zeugnis schlecht oder sehr schlecht aus. Eine gute Note stellen ihm nur noch 24 Prozent aus; 52 Prozent denken, dass Bolsonaro lügt, nur 38 Prozent halten ihn für ehrlich.

Meinungsforschern zufolge hätte Bolsonaro bei den Wahlen im Oktober 2022 nach aktuellem Stimmungsbild in der Bevölkerung kaum eine Chance auf die Wiederwahl. Stattdessen könne der ehemalige Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, der bereits von 2003 bis 2010 regierte, im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichen. Bolsonaro liegt demnach nur bei rund 25 Prozent.

kna