Seehofer: Flüchtlingsprognose zu Afghanistan nicht möglich

Zur Zahl möglicher Afghanistanflüchtlinge kann nach den Worten von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) derzeit keine seriöse Aussage gemacht werden.

"Berlin

Zur Zahl möglicher Afghanistanflüchtlinge ist nach den Worten von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) derzeit keine seriöse Aussage möglich. Schätzungen gingen von einigen Tausend bis zu einer Million aus. Auf dieser Grundlage sei keine Prognose möglich. Der Minister betonte, dass alle Ortskräfte, die für Deutschland tätig waren, auch mit ihren Familienangehörigen nach Deutschland kommen sollen. Das sei auch eine moralische Verantwortung.

Sonder-Innenministerkonferenz zur Lage in Afghanistan

Dies solle unbürokratisch möglich sein. So könne die Sicherheitsüberprüfung erst nach der Einreise durchgeführt werden. Ferner könnten besonders Schutzwürdige so wie Ortskräfte behandelt werden und nach Deutschland kommen.

Das Bundesinnenministerium teilte nach einer Sonder-Innenministerkonferenz zur Lage in Afghanistan mit, dass es angesichts der drängenden Situation auch unter den Bundesländern einen Konsens gebe. Dabei sei man sich einig gewesen, weiterhin Ortskräfte, deren Familienangehörige sowie besonders gefährdete Personengruppen aus Afghanistan schnellstmöglich nach Deutschland in Sicherheit zu bringen. Nach Ankunft in Deutschland werde eine humanitäre Aufnahme in einem individuellen, vereinfachten und unbürokratischen Verfahren erfolgen. Im Anschluss würden die Menschen nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt.

Müller: „Höchste Priorität hat die Sicherheit der afghanischen Ortskräfte und ihrer Familien“

Entwicklungsminister Gerd Müller (CDU) erklärte: „Höchste Priorität hat die Sicherheit der afghanischen Ortskräfte und ihrer Familien.“ Allein die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ beschäftige rund 1.000 nationale Mitarbeitende in Afghanistan. Die Evakuierung erfolge nach einheitlichen Regelungen der Bundesregierung. „Im Vordergrund stehen die besonders schutzbedürftigen Personen. Das sind bislang die Ehepartner und minderjährige Kinder.“ In der aktuellen Lage müssten jetzt vor Ort Menschlichkeit und Augenmaß gelten. „Keiner soll zurückbleiben, der mitgenommen werden könnte“, so Müller.

Unterdessen forderte die Geschäftsführerin von Save the Children, Inger Ashing, die internationale Gemeinschaft auf, die Visaverfahren für Afghanen, die um ihre Sicherheit fürchten und Afghanistan verlassen wollen, zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die Länder seien nach internationalem Recht verpflichtet, Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, Asyl zu beantragen und ihnen eine sichere Durchreise zu ermöglichen. Das gelte besonders für die betroffenen Kinder gelten. „Länder müssen in den ersten Tagen der Krise ihre Grenzen offen halten.“ Sie sollten weiterhin afghanische Kinder und ihre Familien auf der Grundlage des humanitären Bedarfs aufnehmen. „Kein anderer Beweggrund darf zählen!“, sagte Ashing.

Unicef befürchtet humanitäre Verschlechterung in Afghanistan

Nach der Machtübernahme der Taliban befürchtet das Kinderhilfswerk Unicef eine Verschlechterung der ohnehin prekären Lage von Millionen Afghanen. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Freitag) sagte Deutschland-Geschäftsführer Christian Schneider, die Bevölkerung leide schon jetzt unter einer Nahrungsmittelkrise und Dürre. „Wir haben fast zehn Millionen Kinder, die dringend Hilfe brauchen, um überleben zu können.“

Während des Vormarschs der Taliban seien die Versorgungsstrukturen unterbrochen worden. Sie seien nun schnell wieder zu etablieren. „Wir befürchten, dass bis zum Jahresende bis zu eine Million Kinder schwer mangelernährt sein könnte“, sagte Schneider. Das mache sie besonders anfällig für Krankheiten angesichts des baldigen Winters.

kna