Der Deutsche Hausärzteverband warnt vor einem Verteilungskampf bei den Booster-Impfungen,
Berlin – Der Deutsche Hausärzteverband warnt vor einem Verteilungskampf bei den Booster-Impfungen: „Vor allem bei weniger gefährdeten jüngeren gesunden Menschen ist es nach den bisherigen medizinischen Erkenntnissen nicht erforderlich, auf den Tag genau nach sechs Monaten eine Booster-Impfung durchzuführen“, sagte Verbandschef Ulrich Weigeldt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Der Schutz insbesondere vor schweren Verläufen bestehe auch darüber hinaus.
Beim Wunsch nach rascher Booster-Impfung sei zu berücksichtigen, „dass dies möglicherweise zu Lasten von vulnerablen Patienten erfolgen würde“, so der Mediziner. Zudem hätten viel zu viele Menschen noch nicht einmal die Erstimpfung erhalten. Unterdessen empfiehlt Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Hausärzten, Booster-Impfungen für alle Erwachsenen rasch durchzuführen.
Weigeldt übte scharfe Kritik an der Vorbereitung der Auffrischungsimpfungen: Der Start der Booster-Impfungen für alle Altersgruppen sei verkündet worden, ohne dass klar sei, wie die Auffrischungsimpfungen effektiv organisiert werden könnten. „Das müssen die Hausarztpraxen jetzt ausbaden“, so Weigeldt. Unterdessen geht der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) am RKI, Thomas Mertens, davon aus, dass die Kommission eine Empfehlung für Booster-Impfungen ab 18 Jahren abgeben wird. Am Dienstagabend kündigte Mertens in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz an, die Stiko werde am Mittwoch erneut darüber beraten.
Patientenschützer: Bei Booster-Impfungen eine Vorrangprüfung vornehmen
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte bei den Booster-Impfungen eine Vorrangprüfung für bestimmte Bevölkerungsgruppen wie Hochbetagte und Menschen mit Vorerkrankung ähnlich wie zu Beginn der Impfkampagne. „Eine Priorisierung nach Alter, Krankheit sowie Berufsgruppe muss erneut in Betracht gezogen werden“, sagte Brysch den Funke-Zeitungen. Brysch warf der Politik Versagen im Pandemie-Management vor. „Die vierte Welle treibt die Regierungschefs vor sich her. Offenkundig sind die Bund-Länder-Beschlüsse von Ende Juni für die Booster-Impfungen nicht zu halten.“ Er kritisierte, derzeit würden Impfzentren nicht hochgefahren, Arztpraxen könnten den „Impfansturm“ nicht bewältigten, zudem funktionierten kurzfristige Impfstofflieferungen oftmals nicht. Es sei nun „Auftrag“ der am Donnerstag tagenden Ministerpräsidentenkonferenz, für ein geordnetes Booster-Verfahren zu sorgen.
In einem Brief von Spahn und dem Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, an alle Vertragsärzte in Deutschland heißt es: „Der gemäß Zulassung vorgesehene Abstand von sechs Monaten zur vollständigen Immunisierung bei Personen ab 18 Jahren ist als zeitliche Richtschnur zu verstehen, der natürlich nicht tagesgenau einzuhalten ist“. Die Ärzte könnten daher „jede Patientin und jeden Patienten ab 18 Jahren, auch wenn sie nicht zu den Risikogruppen gemäß der aktuellen Stiko-Empfehlung wie ältere Personen, Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen sowie medizinisches und pflegerisches Personal gehören, zeitnah und auch vor Ablauf der sechs Monate im eigenen Ermessen impfen“, heißt es in dem Schreiben, das dem Berliner „Tagesspiegel“ (Mittwoch) vorliegt.