Synodale beschließen Reformen mit bischöflichem Gütesiegel

Lockerung des Zölibats, Frauen-Weihe, Mitbestimmung der Laien und eine andere Sexualmoral – kein heißes Eisen in der Kirche hat der Synodale Weg in Frankfurt ausgespart. Die Teilnehmer haben eine wichtige Etappe erreicht.
Lockerung des Zölibats, Frauen-Weihe, Mitbestimmung der Laien und eine andere Sexualmoral - kein heißes Eisen in der Kirche hat der Synodale Weg in Frankfurt ausgespart. Die Teilnehmer haben eine wichtige Etappe erreicht.

–Foto: Synodaler Weg

Wieder haben katholische Verbandsvertreter, Theologieprofessorinnen, Ordensleute und Bischöfe in Frankfurt drei Tage miteinander diskutiert und um Texte gerungen. Auf dem 2019 begonnenen Synodalen Weg haben sie mit ihrer dritten Vollversammlung nun etwas mehr als die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Dass dieser Weg ihr Bild von der Kirche und auch sie selbst verändert hat, erzählen manche Bischöfe in diesen Tagen ebenso verwundert wie erleichtert. Und ohne diese Veränderung der Bischöfe wären wohl auch manche Beschlüsse der dritten Synodalversammlung nicht zustande gekommen.

Erstmals hat das höchste Gremium des Reformprojekts einige Texte in Zweiter Lesung verabschiedet. Sie haben durch die Zustimmung von mehr als zwei Dritteln der abstimmenden Bischöfe einen erhöhten Grad an kirchenpolitischer und dogmatischer Verbindlichkeit. Denn die Bischofskonferenzen sind in der katholischen Kirche eine offizielle Instanz des Lehramtes – neben dem Papst, den Konzilien, den Weltbischofs-Synoden und den einzelnen Bischöfen. Und wenn mehr als zwei Drittel der Mitglieder einer Konferenz eine neue kirchliche Lehre annehmen und verkünden, dann hat das eine andere Qualität als eine Abstimmung in einer beliebigen kirchlichen Versammlung.

Die Anforderung einer bischöflichen Zweidrittelmehrheit war ursprünglich auf römischen Druck in die Satzung des Synodalen Wegs eingebaut worden – vermutlich, um zu verhindern, dass dieser Weg Dinge beschließt, die einen Bruch mit der Lehre bedeuten und damit die Einheit mit der Weltkirche gefährden könnten. Schon 23 bischöfliche Neinstimmen würden genügen, um eine allzu kühne Forderung zu Fall zu bringen. Doch im Umkehrschluss bedeutet die Zustimmung von mehr als zwei Dritteln einer Bischofskonferenz, die nun im Rahmen des Synodalen Wegs von Fall zu Fall zustande kommt, eine Art Beglaubigungsstempel, über den andere lehramtliche Instanzen, auch die in Rom, nicht einfach hinwegsehen können.

Vielleicht war das der Grund, warum am Freitag, dem zentralen Datum der dreitägigen Versammlung, aus Sicht mancher Beobachter ein Hauch von Kirchengeschichte durch die zugigen Frankfurter Messehallen zu wehen schien. Mehrere, vor allem weibliche Teilnehmer, sprachen von einem „historischen Moment“, und auch einer der Bischöfe appellierte, man solle „den Sprung wagen“. Was dann an diesem Tag in Erster Lesung verabschiedet wurde, war zwar noch nicht verbindlich, erhielt aber genug Bischofsstimmen, um auch die Zweite Lesung im Herbst bestehen zu können. Es war ein Grundsatzpapier zur Gleichberechtigung der Geschlechter in der katholischen Kirche, das in der Umsetzung zwingend auf die Zulassung von Frauen sowie von nicht-binären Menschen zum Priester- und Bischofsamt hinausläuft.

Der gleich danach und ebenfalls in Erster Lesung verabschiedete „Handlungstext“ blieb allerdings hinter diesem Ziel zurück. Er schlägt – wiederum getragen von einer sehr breiten Mehrheit der Bischöfe – ein Bittgesuch in Rom vor, um eine Sondergenehmigung des Papstes für die Zulassung von Frauen zum Diakonenamt zu erwirken. In der Debatte wurde diese eher bescheidene Zielvorgabe mit der Vermutung begründet, dass mehr als das derzeit in Rom – wenn überhaupt – nicht durchzubringen wäre.

Das Schielen nach Rom – konkret: zum Papst als höchster Lehrautorität – spielte auch in weiteren Texten eine Rolle, um die am dritten und letzten Tag der Versammlung gerungen wurde. Es ging zunächst um eine Veränderung der Sexualmoral. Nicht nur die Empfängnisverhütung soll der Papst nach dem Willen der Synodenmehrheit zulassen. Er soll die lehramtlich behauptete Sündhaftigkeit homosexueller Handlungen im Sinne der Nichtdiskriminierung aufgeben.

Bis der Papst oder ein Konzil diese Ideen umsetzt, kann die Kirche in Deutschland einiges in Eigenregie verändern. In der kirchlichen „Grundordnung“, die von kirchlichen Angestellten fordert, dass sie ihren Beziehungsstatus gemäß der katholischen Lehre gestalten, soll die erhoffte Öffnung und Liberalisierung der Morallehre vorweggenommen werden, indem die sexualmoralischen Vorgaben ersatzlos gestrichen werden.

Und für die praktische Seelsorge sprach sich die Synodalversammlung unter anderem dafür aus, kirchliche Segensfeiern für liebende Paare jeglicher sexueller Identität und Orientierung einzuführen. Bei diesem Antrag gab es jedoch in Erster Lesung eine relevante Zahl von Neinstimmen. 34 Teilnehmer stimmten dagegen, unter ihnen möglicherweise 23 Bischöfe.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)