Denkmalschutz: Kritik an Sonderrolle für Kirchen

Die Landschaftsverbände üben Kritik am Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für Nordrhein-Westfalen. Das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung bringt am Mittwoch (16.2.) einen dritten Entwurf in den Landtag ein. Das Gesetz soll am 1. Juni in Kraft treten.
Die Landschaftsverbände üben Kritik am Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für Nordrhein-Westfalen. Das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung bringt am Mittwoch (16.2.) einen dritten Entwurf in den Landtag ein. Das Gesetz soll am 1. Juni in Kraft treten.

Die ev. Pauluskirche in Gelsenkirchen von Südosten. –Foto: LWL/Brockmann-Peschel

Gelsenkirchen – Die Landschaftsverbände üben erneut Kritik am Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für Nordrhein-Westfalen. Das NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung bringt am Mittwoch (16.2.) einen dritten Entwurf in den Landtag ein. Das Gesetz soll am 1. Juni in Kraft treten.

Sonderrolle „nicht nachvollziehbar“

Seitdem das Ministerium 2019 begonnen hat, das Gesetz zu überarbeiten, haben sich die Landschaftsverbände Rheinland (LVR) und Westfalen-Lippe (LWL) kritisch eingebracht.  Mit ihren Fachämtern der Denkmalpflege und der Bodendenkmalpflege haben die Landschaftsverbände Verbesserungsvorschläge eingereicht, die „unzureichend berücksichtigt“ wurden, so LWL und LVR. Auch Vereine, Verbänden sowie Architekten und Restauratoren üben Kritik.

„Im Mittelpunkt steht nicht der bestmögliche Schutz der Denkmäler durch die bestmögliche fachliche Betreuung, denn die Denkmalfachämter werden stark eingeschränkt. Anstatt eines Benehmens müssen die Fachleute lediglich angehört werden“, erklärte LVR-Chef-Denkmalpflegerin Dr. Andrea Pufke. „Nicht nachvollziehbar“ nennt sie „die Sonderrolle, die Kirchen und Religionsgemeinschaften als eine der großen Kulturträger“ zugedacht werde: „Sie erhalten mehr Rechte als andere Denkmaleigentümer:innen.“

Landschaftsverbände vermissen Stärkung des Denkmalschutzes

„Von einem novellierten Denkmalschutzgesetz würde man neben einer Stärkung des Denkmalschutzes eine Vereinfachung der Verfahren und Tauglichkeit im Alltag erwarten. Das ist aber – trotz unserer deutlichen Kritik – auch in diesem dritten Anlauf nicht zufriedenstellend gelungen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der beiden Kultur-Dezernentinnen Corinna Franz (LVR) und Barbara Rüschoff-Parzinger (LWL) zusammen.

So würden Bau- und Bodendenkmäler unterschiedlich behandelt. Gemeinden könnten künftig ihre eigenen Denkmalfachämter werden, also gleichzeitig prüfen und genehmigen. „Dies widerspricht nicht nur dem Grundsatz des Vier-Augen-Prinzips, sondern geht auch mit dem Aufbau neuer Verwaltung einher, während die fachliche Expertise der Denkmalfachämter bei den Landschaftsverbänden ungenutzt bleibt“, soFranz:. Wie die Personalstärken beim Denkmalschutz in den Kommunen verbessert werden sollen, bleibe unklar. „Da droht zumindest Verwirrung“, sagte Rüschoff-Parzinger.

Bewährtes und eingespieltes System werde aufgegeben

„Die vorgesehene Regelung, die denkmalrechtlichen Verfahren je nach Ausstattung der Unteren Denkmalbehörden – UDB – unterschiedlich zu gestalten, ist praxisfern“, so der Leiter der LWL-Denkmalpflege, Dr. Holger Mertens. „Die UDB sollen vom Ministerium – nach welchen Kriterien auch immer – daraufhin geprüft werden, ob sie ‚aufgabenadäquat‘ ausgestattet sind. Dass aus einem solchen Missstand dann in Bezug auf die Ausstattung nichts resultiert, ist mindestens skurril.“

Franz und Rüschoff-Parzinger zeigen sich enttäuscht, dass ein bislang bewährtes und eingespieltes System nun aufgegeben werden solle – ohne großen erkennbaren Nutzen. Bei den Landschaftsverbänden seien die Fachleute „in großer Sorge um die Denkmäler“.

Der erst am Freitag vom Bauministerium öffentlich gemachte Gesetzentwurf, der am Mittwoch in den Landtag eingebracht wird, „hat nicht den Reifestatus einer Vorlage im Plenum“, kritisierte die Stiftung Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) am Dienstag in Bonn. Das neue Regelwerk solle nun innerhalb von sieben Wochen „ohne große Debatte“ in den letzten Sitzungstagen der Legislaturperiode im April „von der Regierungsmehrheit abgenickt werden“.

Aus Sicht der Stiftung Denkmalschutz werden die unabhängigen Fachämter der Landschaftsverbände marginalisiert. „Die Aufnahme sachfremder Belange in das Gesetz lässt zunehmenden Druck auf die wenigen verbliebenen historischen Gebäude in NRW erwarten, eine fachkundig geprägte Denkmalpflege weicht einer reinen Ökonomisierung“, warnte DSD-Vorstand Steffen Skudelny. „Die Zeiten einer fachkundigen Denkmalpflege sollen wohl einer verwertenden Denkmalpflege weichen.“

Kirchen begrüßen Systemwechsel

Wenn eine Denkmalbehörde ein kirchliches Gebäude als Denkmal eintragen will, sollen die Kirchen laut Gesetzentwurf eine Prüfung der Entscheidung bei der Obersten Denkmalbehörde beim Bauministerium herbeiführen können. Diese solle ein sogenannter „Sakralausschuss“ beraten, dem anlassbezogen Mitglieder der jeweils betroffenen Kirche oder Religionsgemeinschaft, der zuständigen Denkmalbehörden sowie des zuständigen Denkmalfachamtes angehören.

Die beiden großen Kirchen in NRW begrüßten, dass eine Ministerentscheidung nunmehr auch durch sie initiiert werden kann, wenn die zuständige Denkmalbehörde eine der Religionsausübung dienende bauliche Anlage ohne Zustimmung der Kirchen als Denkmal eintragen lassen will. Dass diese Entscheidung unter Mitwirkung eines neu geschaffenen Gremiums getroffen werden solle, kennzeichne einen begrüßenswerten Systemwechsel, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. In Hintergrund darf auch gelten, dass die Kirchen versuchen, ihren Immobilienbestand zu verkleinern. Der Denkmalschutz stört sie hierbei schon aus rein wirtschaftlicher Sicht.