Für den Befreiungstheologen Frei Betto wird die am Sonntag beginnende dritte Amtszeit von Luiz Inacio Lula da Silva richtungsweisend sein.
Rio de Janeiro – Für den Befreiungstheologen Frei Betto wird die am Sonntag beginnende dritte Amtszeit von Luiz Inacio Lula da Silva richtungsweisend sein. „Ich denke, Lula 3.0 wird besser als die beiden Regierungszeiten davor“, erklärte der 78-jährige Ordensmann der Dominikaner im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Lula“ hatte Brasilien bereits während zwei Mandaten von 2003 bis 2010 regiert, habe dabei aber vieles unerledigt gelassen, so Frei Betto.
So habe Lula Zugeständnisse an seine damaligen Koalitionspartner machen müssen, wie den Bau des umstrittenen Mega-Staudamms Belo Monte im Amazonasgebiet. Zudem habe Lula versäumt, eine Agrarreform durchzuführen und der armen Bevölkerung politisches Bewusstsein zu vermitteln. „Ich glaube, dass Lula heute weiß, was er in seiner ersten Amtszeit hätte anders machen können und sollen“, urteilt der seit den 70er Jahren mit Lula befreundete Theologe.
Für seine dritte Amtszeit habe Lula nun Prioritäten gesetzt. So solle der Hunger, der zurück nach Brasilien gekommen sei, bekämpft werden, genau wie soziale Ungerechtigkeit. Dazu komme noch der Naturschutz. Die benötigte Zustimmung des Kongresses, in dem die Opposition die Mehrheit hat, könne Lula, der „ein politisches Genie“ sei, durch Zugeständnisse für sich gewinnen. Denn jene Parteien hätten „keine Ideologie und Prinzipien, sondern nur Eigeninteressen“.
Eine Entspannung erwartet Frei Betto in Bezug auf den Missbrauch von Religion in der Politik. Im zurückliegenden Wahlkampf hatten besonders evangelikale Kirchen für Bolsonaro geworben. Diese Gemeinden würden oft „von Pastoren angeführt, die politischen Einfluss zur Vermehrung ihres Geldes suchen“. Die Lula-Regierung werde Wege finden, diese Kirchen einzubinden.
Die katholische Kirche in Brasilien sieht Frei Betto gespalten. Viele Bischöfe und Priester sympathisierten mit Bolsonaro. So sei die katholische Kirche heute „ein paradoxer Körper, mit einem progressiven Kopf, Papst Franziskus, aber mit einem oft konservativen Klerus“.