Kardinal Kasper: Offene Fragen des Konzils angehen

Nach den Worten von Kurienkardinal Walter Kasper ist das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) unabgeschlossen geblieben.
Kardinal Kasper: Offene Fragen des Konzils angehen

Der Petersdom im Vatikan (Foto: Carlo Armanni/Pixabay)

Nach den Worten von Kurienkardinal Walter Kasper ist das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) unabgeschlossen geblieben. Viele Fragen seien weiter offen, die angegangen werden müssten, sagte der Kardinal in einem Interview-Podcast des Bayerischen Rundfunks. Das habe der emeritierte Papst Benedikt XVI. (1927-2022), der selbst als junger Theologe an dem Konzil mitwirkte, am Ende seines Lebens vielleicht nicht mehr so gesehen. Andererseits gebe es natürlich auch nachfolgende „Theologien“, die das Vatikanum gar nicht mehr ernst nähmen.

Die offenen Fragen sieht Kasper etwa in Bezug auf die Synodalität in der Kirche und die Rolle der Frauen. „Wir können da nicht stehenbleiben.“ Das Konzil liege mittlerweile ein halbes Jahrhundert zurück: „Wir müssen auch den Mut haben weiterzugehen.“ Von einem alten Menschen, der „das Alte“ mitgestaltet habe, habe man auch nicht unbedingt verlangen können, dies alles mitzuvollziehen, merkte der im März 90 Jahre alt werdende Kardinal hinsichtlich des Denkens von Benedikt XVI. an. Deshalb habe dieser in seiner Amtszeit auch „sehr bremsend“ eingegriffen.

Für Benedikt gab es laut Kasper „zwei Vatikanums“. Das „seine“ sei jenes in der Konzilsaula gewesen, das andere jenes, das die Journalisten daraus gemacht hätten. Als Präfekt der Glaubenskongregation und als Papst sei Joseph Ratzinger immer bei einer wörtlichen Interpretation geblieben. Obwohl das Verhältnis von Benedikt und Franziskus „sehr freundschaftlich“ gewesen sei, gebe es einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden: Bei Benedikt sei stets die Lehre im Vordergrund gestanden, bei Franziskus sei es das Evangelium.

Was die Bewertung des theologischen Werks von Ratzinger/Benedikt XVI. betrifft, kann nach Ansicht Kaspers nicht von einer Zeitenwende gesprochen werden. „Große Durchbrüche“ sieht er darin nach eigenen Worten nicht. Aber in der nachkonziliaren Zeit habe Ratzinger einen großen Einfluss gehabt, auf viele Leute beruhigend gewirkt und mitgeholfen, den Glauben besser zu verstehen. Das gelte auch für seine späten „Jesus-„Bücher, wenngleich Exegeten bei diesen durchaus Einwände gehabt hätten.

Kritisch äußerte sich der Kardinal zu manchen „Fans“ von Benedikt, die schon in den vergangenen Jahren ihn für sich „vereinnahmt“ und für „ihre Sache“ instrumentalisiert hätten. Dabei unterschätzten sie die Komplexität seines Denkens. „Ich würde sagen, weder die einzelnen Fans noch die allzu harschen Gegner haben Benedikt richtig verstanden.“ Dieser sei vielfältiger gewesen, als sich beide Seiten dachten. Er selbst habe Benedikt im privaten Gespräch durchaus offen für Probleme erlebt. Dieser habe sie auch ernst genommen. In seinen öffentlichen Stellungnahmen sei es dann „oft leider anders rübergekommen“.

kna