Fastenzeit: 40-Tage-Challenge für neuen Lebensstil

Fastenzeit ist mehr als Verzicht. Es geht um einen anderen Lebensstil, mehr Zeit für sich selbst und vielleicht auch für das Gespräch mit Gott. Es gibt viele kreative Vorschläge, die 40 Tage bis Ostern zu gestalten.- Schriftsteller und Kirchen: Platz für Wesentliches schaffen
Fastenzeit ist mehr als Verzicht. Es geht um einen anderen Lebensstil, mehr Zeit für sich selbst und vielleicht auch für das Gespräch mit Gott. Es gibt viele kreative Vorschläge, die 40 Tage bis Ostern zu gestalten.

–Symbolfoto: pixabay

Pfunde verlieren, sich mehr Zeit nehmen, das Leben entrümpeln: Die zu Neujahr gefassten Vorsätze sind längst an der Wirklichkeit zerschellt. Jetzt bietet sich eine neue Chance: Mit dem Aschermittwoch beginnen die Kirchen die 40-tägige Fasten- und Passionszeit, die auf Ostern vorbereiten soll.

Dabei hat die traditionelle, religiös motivierte Fastenzeit weitere Konkurrenz bekommen: Der „dry January“, also der alkoholfreie Januar, ist zumindest zum Medientrend geworden. Ebenso wie der „Veganuary“, also der vegane Januar, der dazu einlädt, im ersten Monat eine rein pflanzliche Ernährung auszuprobieren. Doch für viele Bundesbürger bleibt die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern der wichtigste Anlass, das eigene Leben zumindest ein wenig umzukrempeln. Im Internet ist von einer „40-Tage-Challenge“ (40-Tage-Herausforderung) die Rede.

Was lange als verstaubt galt und nach Selbstkasteiung und Opfer klang, ist längst wieder gesellschaftlich attraktiv geworden. Fleischverzicht, Lebensmittel bewahren, schlechte Gewohnheiten ablegen oder Entschleunigung des Lebens sind Themen weit über den kirchlichen Raum hinaus. Auch die Kirchen stellen die positiven Aspekte in den Vordergrund: Die 40 Tage bis Ostern seien eine Chance, um übliche Alltagsroutinen auf den Prüfstand zu stellen, erklärte am Dienstag der Berliner Erzbischof Heiner Koch.

Fasten heiße, Platz zu schaffen für Wesentliches, über sich hinaus zu denken und dadurch seine Beziehung zur Umwelt oder auch zu Gott zu verändern, so argumentieren die Kirchen. Auch der Berliner Schriftsteller John von Düffel wirbt für einen positiven Blick auf die Askese: „Durch den Fokus auf Weniger und Wesentlicheres gewinnen die verbleibenden Dinge und Lebensgewohnheiten eine neue Qualität.“

Der Alltag sei heute extrem durchgetaktet und durch das Digitale beschleunigt, sagte der Autor. Neben vielen Möglichkeiten habe dies auch zu einer rasenden Überforderung geführt. Gerade dann seien ein „Beiseitetreten und die Beschäftigung mit den großen Lebensfragen so wichtig – als Versuch, die Führung über das eigene Leben zurückzugewinnen“.

Bistümer, Gemeinden und Verbände sind mittlerweile sehr kreativ geworden, wenn es um die Gestaltung der 40 Tage geht: Im Bistum Essen verteilen Katholiken – eher traditionell – in den Fußgängerzonen und Einkaufsstraßen von Essen, Gladbeck, Oberhausen und Gelsenkirchen am Aschermittwoch das Aschenkreuz – als Symbol für Umkehr und Buße und als Zeichen für die Hoffnung auf die Auferstehung.

Zur Fastenaktion klimafasten.de haben sich 25 Evangelische Landeskirchen und Freikirchen, (Erz-)Bistümer, Diözesanverbände und die großen Hilfswerke misereor und Brot für die Welt zusammengeschlossen. „Lassen Sie uns achtsam mit Gottes Schöpfung umgehen und einen verantwortungsvollen, klimagerechten Lebensstil entdecken“, lautet der Appell. In jeder der sieben Fastenwochen steht ein anderes Thema im Mittelpunkt: von Flächenverbrauch über eine andere Mobilität bis zur Frage einer wirksamen und ökologisch besseren Beleuchtung.

In Thüringen starten zahlreiche Partner wieder die Aktion Autofasten; beteiligt sind unter anderen Bus & Bahn Thüringen, die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) und das Bistum Erfurt. „Autofasten macht beweglicher, vor allem im Kopf“, werben die Organisatoren. Teilnehmende sollen häufiger das eigene Fahrzeug stehen lassen und auf das Fahrrad, den Öffentlichen Personennahverkehr oder Carsharing umsteigen sowie zu Fuß zu gehen. Dauerhaft günstige Angebote wie Zeitkarten, spezielle Fastentickets und Mobilitätsberatungen laden zum Umsteigen ein.

Die zentrale Fastenaktion der katholischen Kirche wird wie in jedem Jahr vom Entwicklungshilfswerk Misereor durchgeführt. Erneut ruft das weltgrößte katholische Hilfswerk zu einem Überdenken des eigenen Lebensstils auf. Beispielland ist Madagaskar. Die evangelische Kirche startet am Aschermittwoch ihre jährliche Fastenaktion „Sieben Wochen Ohne“. Diesmal will sie Mut in Krisenzeiten machen. „Leuchten! Sieben Wochen ohne Verzagtheit“, lautet das Motto.

Von Christoph Arens (KNA)