Altersforscher Kruse: Alter kein Hindernis für Biden-Kandidatur

Der Heidelberger Altersforscher Andreas Kruse hat keine Probleme mit einer erneuten Kandidatur von Joe Biden für das Amt des US-Präsidenten.
Altersforscher Kruse: Alter kein Hindernis für Biden-Kandidatur

Joe Biden (Foto: © Palinchak | Dreamstime.com)

Der Heidelberger Altersforscher Andreas Kruse hat keine Probleme mit einer erneuten Kandidatur von Joe Biden für das Amt des US-Präsidenten. Entscheidend sei nicht das Alter, sondern die individuelle Leistungsfähigkeit und Kompetenz, sagte der Gerontologe am Donnerstag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Dabei kommt es sowohl auf die körperliche als auch auf die emotionale, geistige, alltagspraktische und die sozialkommunikative Dimension an.“ Joe Biden habe bislang als US-Präsident Beeindruckendes geleistet. „Deshalb liegt die Kandidatur nahe.“

Der Psychologe und Demografieexperte Kruse war bis 2021 Direktor des Instituts für Gerontologie der Universität Heidelberg. Er war wiederholt Vorsitzender der Kommission, die die Altenberichte der Bundesregierung geschrieben hat.

Großes Wissen und ein Netzwerk an Kontakten

Kruse betonte, dass alte Menschen häufig große emotionale, geistige und sozial-kommunikative Fähigkeiten zeigten. „Wegen der im Lebenslauf gewonnenen und tiefgreifend reflektierten Erfahrungen kann das hohe Alter durchaus einen Vorteil bedeuten.“ Das gelte insbesondere für Biden. Er verfügte über großes Wissen und ein Netzwerk an Kontakten, die ihm helfen könnten, einen umfassenden wie auch tiefen Blick auf die verschiedenen Politikbereiche zu haben.

Aus Sicht des Wissenschaftlers tun sich die USA leichter mit einer positiven Bewertung des Alters als Deutschland. „Die offene oder verborgene Diskriminierung alter Menschen findet dort seltener statt als bei uns – in der Arbeitswelt wie auch in der Zivilgesellschaft.“ Antidiskriminierungsgesetze gebe es dort schon seit Jahrzehnten. Das bleibe nicht ohne Auswirkungen auf die vorherrschenden Altersbilder.

Positivere Bilder vom Alter durchsetzen

Im gegenwärtigen Deutschland wären die Vorbehalte gegen einen 80 Jahre alten Bundeskanzler sicherlich stärker ausgeprägt als in den USA, vermutet der Gerontologe. „Wir assoziieren viel zu wenig hohes Alter mit schöpferischer Produktivität und Kreativität – auch und gerade im öffentlichen Raum. Dies muss sich ändern.“ Kruse setzt zugleich darauf, dass sich in der alternden Gesellschaft auch in Deutschland positivere Bilder vom Alter durchsetzen werden.

Der Wissenschaftler sieht derzeit in der Bundesrepublik keinen Generationenkonflikt. „Vielmehr finden wir eine vergleichsweise hohe Solidarität zwischen den Generationen – und einen Austausch von Sorge- und Unterstützungsleistungen zwischen Jung und Alt.“ Allerdings sei zu beobachten, dass sich jüngere Menschen Sorgen mit Blick auf ihre eigene Alterssicherung machten, und dies unter dem Eindruck des demografischen Wandels.

kna