Die Behörden in Kiew haben der Ukrainischen Orthodoxen Kirche im Kiewer Höhlenkloster den Sitz ihres Oberhaupts und zwei weitere Gebäude weggenommen.
Kiew – Die Behörden in Kiew haben der früher moskautreuen Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) im berühmten Kiewer Höhlenkloster den Sitz ihres Oberhaupts und zwei weitere Gebäude weggenommen. Mit Unterstützung der Polizei habe die für das Kloster zuständige staatliche Museumsverwaltung am Donnerstag die Eingangstür zur Residenz von Metropolit Onufri aufgebrochen und sie dann versiegelt, teilte die Kirche mit. Sie protestierte gegen die „Vertreibung der Mönche“ und bezeichnete das Vorgehen als rechtswidrig. Das Areal wurde am Morgen komplett abgeriegelt.
Mönche weigern sich, Gebäude zu verlassen
Die UOK warf den Beamten weiter vor, sie hätten bei der Versiegelung eines anderen Gebäudes Frauen gewaltsam aus dem Haus gezerrt. Trotz mehrmaliger Aufforderungen der Regierung weigern sich die Mönche, Dutzende von ihr genutzte Klostergebäude zu verlassen und dem Staat zurückzugeben. Die Regierung hatte den Nutzungsvertrag der Kirche für das Kloster, das dem Staat gehört, im März für ungültig erklärt. Sie sieht in der UOK prorussische Kräfte am Werk und beschuldigt Geistliche der Kollaboration mit Moskau in dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine, was die Kirchenleitung zurückweist. Im Mai 2022 brach die UOK mit dem orthodoxen Moskauer Patriarchat und erklärte sich für unabhängig.
Kulturminister Olexandr Tkatschenko dankte unterdessen der Museumsverwaltung und der Polizei für die Inspektion und Versiegelung der drei Gebäude. Er beschuldigte die Kirche auf Telegram, im Kloster die Hygiene- und Brandschutzvorschriften völlig missachtet zu haben. Zudem habe sie dort Porträts russischer Zaren aufgehängt. „Das alles überrascht nicht mehr“, so der Minister.
Wiege der ostslawischen Orthodoxie
Der Staat hatte das Höhlenkloster der Kirche 1988 überlassen. Etwa 150 Mönche leben dort aktuell. Das Kirchenoberhaupt Onufri nutzte die dortige Residenz zuletzt nur noch selten. Er wohnt und arbeitet meist in einem anderen Kloster in Kiew. Das Vorgehen der Behörden gegen seine Kirche verglich Onufri bereits vor Monaten mit der Verfolgung in der Sowjetzeit. Im ersten Anlauf am Dienstag war es der Museumsverwaltung nicht gelungen, wie geplant fünf Klostergebäude zu versiegeln. Die UOK hatte die Schlüssel nicht herausgegeben. Gläubige stellten sich zudem den Mitarbeitern der staatlichen Verwaltung in den Weg, als diese die Gebäude in Besitz nehmen wollten.
Die ukrainische Staatsführung unterstützt eine andere orthodoxe Kirche: die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Sie wurde 2018 mit Hilfe des orthodoxen Ehrenoberhaupts, des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Bartholomaios I., gegründet. Das Höhlenkloster aus dem 11. Jahrhundert gilt als Wiege der ostslawischen Orthodoxie und als Wahrzeichen Kiews. Das Kloster liegt an einem Hang zum Westufer des Flusses Dnipro. Die Unesco nahm es 1990 in ihre Welterbe-Liste auf.