Die geplanten Etat-Kürzungen bei der Migrationsberatung bedeuten laut Experten nicht nur große Einschnitte für Zugewanderte, sondern auch „einen Schlag in den Nacken“ der Beratenden.
Köln – Die geplanten Etat-Kürzungen bei der Migrationsberatung bedeuten laut Experten nicht nur große Einschnitte für Zugewanderte, sondern auch „einen Schlag in den Nacken“ der Beratenden: „Das ist gerade ein sehr flaues Gefühl für uns als Beratungskräfte, weil wir wissen, viele Menschen werden ab dem nächsten Jahr nicht mehr versorgt werden können“, sagte Tim Westerholt, Migrationsberater bei der Caritas im Erzbistum Köln, im ARD-Morgenmagazin (Montag).
Laut einem Haushaltsentwurf der Ampel-Regierung soll der Etat für Migrationsberatung 2024 von etwa 81 Millionen Euro um rund ein Drittel auf 57 Millionen Euro gekürzt werden. Für die Caritas Köln bedeute das, dass von den jährlich bisher rund 2.500 Menschen etwa 800 Personen nicht mehr geholfen werden könne. „Das ist so nicht in Ordnung“, so der Caritas-Experte.
Wegweisersystem für die Ankommenden
„Die Migrationsberatung soll immer schnell springen, wenn Krisen sind“, kritisierte Westerholt. Die Berater hätten eine Art Wegweisersystem für die Ankommenden, weil sie ihnen Orientierung für den Weg in Schule, Ausbildung, Sprachkurs, Wohnung und Arbeit geben, so der Caritas-Experte. „Deshalb braucht die Caritas und die vielen anderen Träger stabile Strukturen und gute Ressourcen, auf die wir uns verlassen können.“ Andernfalls seien auch Stellenstreichungen zu erwarten.
Als Grund für die Pläne der Bundesregierung sieht Westerholt einerseits, dass die Wirksamkeit der Programme nicht ausreichend bekannt sei. Und: „Es gibt eine zu geringe Lobby für Migrantinnen und Migranten in diesem Land, gerade jetzt, wo wir an verschiedenen Stellen eine Verschiebung der Asylpolitik erleben. Vielleicht will auch gerade nicht so sehr hingeguckt werden“, so der Caritas-Berater.
Am falschen Ende gespart
Hier werde am falschen Ende gespart zugunsten der „Heiligkeit der schwarzen Null“, gab Westerholt zu bedenken: „Das, was jetzt eingespart wird, wird später viel mehr kosten: Die Kosten für nicht gelernte Sprache von Zugewanderten, die fehlende Unterstütztung bei der Anerkennung von akademischen Qualifikationen sind viel höher als der Mehrwert, wenn Menschen schnell auf die richtige Bahn hier kommen, ihren Studienabschluss anerkannt bekommen, ihre Familie hier gut integrieren können und die Gesellschaft bereichern.“
Ebenso passten die geplanten Kürzungen weder zu den aktuellen Migrationszahlen, da noch immer sehr viele Menschen aus der Ukraine, Syrien und Irak kämen. „Es passt auch nicht zu der im Koalitionsvertrag niedergeschriebenen Absicht der Bundesregierung: ein Neuanfang in der Migrationspolitik“, sagte Westerholt.