Pfarrer: Gemeinden brauchen langen Atem nach Missbrauch

Für die Aufarbeitung von Missbrauchstaten brauchen Pfarrgemeinden einen langen Atem, berichtet Pfarrer Thorsten Schmölzing.

Für die Aufarbeitung von Missbrauchstaten brauchen Pfarrgemeinden einen langen Atem. Das berichtet Pfarrer Thorsten Schmölzing aus dem münsterländischen Rhede in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Aufarbeitung geschehe in vielen kleinen Schritten, Menschen bräuchten immer wieder eine Anregung für die Auseinandersetzung. Den Tatbestand Missbrauch in die Identität als Kirche zu integrieren – das hält Schmölzing für dringend geboten: „Ähnlich wie die deutsche Bevölkerung nach dem zweiten Weltkrieg stehen wir vor der Herausforderung, dem Kindesmissbrauch einen Platz in unserem kollektiven Gedächtnis zu geben.“

In seiner Gemeinde Sankt Gudula im Münsterland hatte in den 1970er ein Geistlicher etliche Kinder und Jugendliche missbraucht. Seit fünf Jahren bemüht sich die Pfarrei unter Schmölzings Leitung um gründliche Aufarbeitung. In dem Prozess wirkten Missbrauchsbetroffene und Gemeindemitglieder in einer eigens gegründeten Arbeitsgruppe zusammen, so der 51-jährige Pfarrer. Die AG habe den Anspruch, ein Mal im Jahr eine öffentliche Veranstaltung anzubieten. Um verschiedene Reaktionen auffangen zu können, seien bei einer Ausstellung in der Rheder Fußgängerzone etwa immer eine betroffene Person und ein Kirchenvertreter anwesend gewesen.

„Dass Betroffene bereit sind, mit Kirchenvertretern zusammenzuarbeiten, finde ich – nach dem, was sie im kirchlichen Kontext erlitten haben – nicht selbstverständlich“, so Schmölzing. Ihre Beteiligung bereichere den Aufarbeitungsprozess. Neben Zuspruch gehörten auch Sätze wie „Das ist doch schon so lang her“ oder „Tote soll man ruhen lassen und da nicht mehr drüber sprechen“ zu den Reaktionen von Gemeindemitgliedern: „Solche Bemerkungen deuten wir als Ausdruck innerer Abwehr. Wir nehmen sie wahr und greifen sie auf, um weiter mit den Personen im Gespräch zu bleiben, die so etwas äußern.“

Innerhalb der Arbeitsgruppe hält er Transparenz für zentral: „Ich treffe keine Absprachen etwa mit der Bistumsleitung, von denen die Mitglieder unserer AG Missbrauch nichts erfahren.“ Die Zusammenarbeit könne nur funktionieren, wenn sie ehrlich und auf Augenhöhe geschehe.