Die Welt-Bischofssynode in Rom: Neue Zusammensetzung und neue Fragestellungen

In Rom hat ein historisch einmaliges Experiment begonnen. Die Hierarchie und das „Volk Gottes“ sprechen gemeinsam über die Zukunft der Kirche. Schon vor dem Start gab es Konflikte.
In Rom hat ein historisch einmaliges Experiment begonnen. Die Hierarchie und das "Volk Gottes" sprechen gemeinsam über die Zukunft der Kirche. Schon vor dem Start gab es Konflikte.

Symbolfoto: Kai Pilger/Pixabay

Langsam und gemessenen Schritts gehen etwa 100 Frauen und Männer die Stufen zum Altar auf dem Petersplatz hinauf. Manche von ihnen sind als Ordensschwestern oder Mönche zu erkennen, andere tragen Kostüm oder Anzug. Das sind die „Nichtgeweihten“. Für sie kannte der katholische Wortschatz lange nur negative Umschreibungen. „Laiinnen und Laien“ heißt einer davon, er deutet fehlende Kompetenz und Autorität an. Nur in einem relativ neuen Sammelbegriff, dem „Volk Gottes“, gibt es jetzt eine positive Umschreibung für jene, die eigentlich die Basis der katholischen Kirche sind.

An diesem spätsommerlichen Mittwochmorgen Anfang Oktober in Rom ist erstmals eine unübersehbare Schar von ihnen dabei, als die Teilnehmer der „16. Ordentlichen Generalversammlung der Weltbischofssynode“ unter Anrufung der Heiligen die große Altarbühne vor der Fassade des Petersdoms betreten. Ihnen folgen viele hundert Bischöfe und Kardinäle, alle in helle liturgische Gewänder gehüllt, Mitren oder Kronen tragend. Eine gute Viertelstunde dauert die lange Prozession derer, die als Würdenträger bezeichnet werden. Und als alle Platz genommen haben, zeigt sich von oben gesehen die Gruppe der „Nichtbischöfe“ wie ein Farbklecks neben einem Meer von Weiß.

Von einem „historischen Moment“ spricht die Schweizer Teilnehmerin Helena Jeppesen-Spuhler später im Interview. Vor ihrem geistigen Auge habe sie in diesem Augenblick jene Frauen gesehen, die schon zur Zeit ihrer Mutter oder Großmutter für mehr Gleichberechtigung in der Kirche eingetreten seien. Zwar bleibe noch ein weiter Weg, aber ein Anfang sei gemacht.

Stunden später, bei der Eröffnungssitzung der ersten Welt-Bischofssynode mit stimmberechtigter Volk-Gottes-Beteiligung, sitzt an jedem der 35 runden Tische in der umgebauten großen Audienzhalle des Vatikans mindestens ein „Mensch in Zivil“, wie es im Kirchenjargon heißt. Die Angehörigen dieser hier als Minderheit vertretenen Mehrheit des Gottesvolkes fallen auf: Unter all den roten und violetten Scheitelkäppchen, den römischen Kragen und grauen Schwesternschleiern sind sie jetzt die viel beachtete Ausnahme.

Wie sich ihr Mitreden und ihr Zuhören auf den Verlauf der Beratungen auswirkt, lässt sich nur erahnen. Aber die Erfahrung mit früheren Versammlungen in den einzelnen Kontinenten hat gezeigt, dass sie einen Unterschied machen – auch wenn sie in der Unterzahl sind. Ein Satz über die Nichtzulassung von Frauen zum Priesteramt spricht sich anders aus, wenn einige Frauen zuhören, die das erklärtermaßen nicht so sehen.

Wie weit eine solche Verunsicherung der Hierarchen führen und ob sie Veränderungen in der Lehre und der inneren Ordnung der Kirche auslösen kann, ist eine oft gehörte Frage zum Auftakt der vierwöchigen Welt-Bischofssynode in Rom. Vatikan-Kenner erörtern sie in diesen Tagen in immer neuen Interviews und Kommentaren. Dass die katholische Kirche sich in nicht einmal einem Monat rasch und grundlegend verändern werde, glaubt niemand. Aber dass einfach alles beim Alten bleibt, ist hier auch keine konsensfähige These mehr.

Den Wind der Veränderung nehmen vor allem jene Kirchenführer bedrohlich wahr, die sich für die buchstabengetreue Bewahrung der kirchlichen Lehre einsetzen. Laut und mit manchmal schrillen Untertönen haben sie sich in den vergangenen Tagen und Wochen zu Wort gemeldet. Zuletzt traten bei einer Veranstaltung in Vatikan-Nähe, die vor einem „Synoden-Babylon“ warnte, die beiden konservativen Kurienkardinäle Raymond Burke und Robert Sarah auf.

Beide hatten kurz zuvor ihre „Zweifelsfragen“ (dubia) an Papst Franziskus veröffentlicht. Dort wollten sie unter anderem wissen, welche Entscheidungsbefugnis eine Bischofssynode in dogmatischen Fragen überhaupt habe. Der Papst beantwortete die Fragen schriftlich – und ließ die Antworten durch seine Glaubgensbehörde auch veröffentlichen. Dabei stellte der Papst klar, was Synode für ihn bedeutet: „Nicht nur die Hierarchie, sondern das gesamte Volk Gottes kann auf unterschiedliche Weise und auf unterschiedlichen Ebenen seine Stimme einbringen.“

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)